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Kunstmuseum Olten: Dere schöne (brune) Aare naa

Die Aare macht ihre Ausstellung selbst! Ein Zwischenbericht zur Sommerausstellung des Kunstmuseums Olten.
20. Juli 2021
Pressemitteilung

Dieser Sommer steht ganz im Zeichen des Regens. Die Unwetter der letzten Wochen blieben auch in Olten nicht unbemerkt. Insbesondere die Aare zeigt sich gerade von ihrer wildesten Seite, was das Kunstmuseum Olten auf besondere Art zu spüren bekommt. Denn in seiner diesjährigen Sommerausstellung mit dem Titel «Dere schöne Aare naa» dreht sich alles um den Oltner Stadtfluss, der mit temporär in und an der Aare platzierten Kunstwerken kurzerhand zu einem erweiterten Kunstraum wurde.

Seit einigen Tagen nun hat die Aare selbst die Regie übernommen. Was ursprünglich eine Ausstellung über den Fluss war, ist nun zu einem Projekt des Flusses selbst geworden. Er entscheidet darüber, welche Werke noch – und wenn, dann wie – betrachtet werden können, und welche vor der Flut gerettet werden müssen.

Während beispielsweise der Weg zu den sich im Chessiloch befindenden Ein-und Ausstiegstreppen von Markus Weiss (Nr. 9 auf dem Plan) aufgrund des Hochwassers gesperrt ist, befreiten die Wassermassen den Schwan von Hans Thomanngar von seinem Standort bei der Badi (Nr. 6). Er trieb schon unternehmungslustig die Aare hinunter, wo er zum Glück gerade nochrechtzeitig entdeckt wurde, sodass der Vogel nun im Schaufenster des Kunstmuseums Olten gewissermassen ‹im sicheren Hafen› weiterhin zu sehen ist. Nicht unberührt blieb auch das Werk von Fraenzi Neuhaus (Nr. 3). Durch den Anstieg des Wasserpegels rückte die Aare immer näher an die Videoprojektion am Bahnhofspfeiler heran. Dieses Zusammenspiel zwischen der physisch durch die Stadt donnernden ‹Sintflut› und der virtuellen «BluetenFlut» verändert nicht nur das Gesamtbild, sondern verstärkt die Gegensätzlichkeit des bedrohlichen Gewässers und der idyllischen Pflanzenstruktur in Neuhaus‘ Projektion gleich um ein Mehrfaches.

Wortwörtlich ins Wasser fallen wird der für nächste Woche geplante Aufbau der ephemeren Skulptur «Armor Layer» des Künstlerduos Michael Meier und Christoph Franz auf dem Aare-Inseli beim Chessiloch (Nr. 10). Nicht zu übersehen ist in diesem Zusammenhang die subtile Ironie der Umstände. Denn die geplante Skulptur aus Lehmziegeln mit zermalmtem Geschiebematerial aus der Kander verweist auf die Auswirkungen, welche der Gestaltungsdrang des Menschen auf die Natur hat und fragt nach den Konsequenzen unseres Tuns. Doch auch wenn die Errichtung der Arbeit momentan nicht möglich ist, werden die Naturgewalten die Künstler nicht aufhalten: Aufgeschoben ist nicht aufgehoben! Die Skulptur wird auf jeden Fall zu einem späteren Zeitpunkt realisiert.

An ein kleines Wunder grenzt hingegen, dass die«Scholle» von Markus (Male) Wyss (Nr. 5) angesichts der aktuellen Abflussmenge noch nicht ‹den Bach hinab gegangen› ist, was vor allem der guten Verankerung des Objektes und damit der vorausschauenden Planung der Helfer vom Werkhof zu verdanken ist. Für die tolle und unkomplizierte Unterstützung möchten wir den Verantwortlichen an dieser Stelle nochmals ganz herzlich danken.

Schliesslich spiegelt sich der an der alten Holzbrücke befestigte poetische Schriftzug «als wir träumten» von Ursula Palla (Nr. 12) auch nicht mehr als elegante Lichtspur im ruhig dahingleitenden nächtlichen Fluss. Wellen und Strudel verzerren die Reflexionen auf den aufgewühlten Wassermassen. Beim Blick in den braunen, reissenden Strom können wir, wie es der Titel verheisst, nur träumen vom heiter-sommerlichen Farbenspektrum einer schönen grünen Aare, einem weiten, strahlend blauen Himmel und von auf den Wellen tanzenden Sonnenflecken.

Und ja, in der momentanen Lage tauchen auch Fragen nach den menschengemachten Ursachen dieser Wetter-Situation auf; Fragen wie sie unlängst von der Aktion «Klimaspuren» aufgeworfen wurden, als diese auf ihrem Weg durch die Schweiz in Olten Halt machte und unsere Ausstellung besuchte. (Vergleiche dazu unseren Blog www.derlift.ch)

So führt die unbeabsichtigte Verknüpfung unserer Open-Air-Ausstellung mit der extremen Wetterlage und ihren Folgen auch vor Augen, wie vielfältig Kunst unseren Blick auf die Welt spiegeln kann. Dass die Künstlerinnen und Künstler damit Reaktionen auslösen, wie die Leserbriefspalten der lokalen Presse belegen, freut uns – nur «Tadzio» vielleicht weniger. Dem von Marion Strunk für die Dauer der Ausstellung umgetauften Buben von Charles Otto Bänningers Skulptur «Remonte!» an der Bahnhofsbrücke (Nr. 2) ging es nämlich schon mehrfach sprichwörtlich an die rot leuchtende Wäsche. Aber glücklicherweise verfügt er noch über Reserve-Badehosen. Und so wartet er weiter darauf, in diesem «Sommer» irgendwann doch noch zur (temporären) Galionsfigur für die Aare-Schwimm-Stadt Olten zu werden.

PS: Wer aktuell trockenen Fusses den Lauf der Aare erkunden möchte, dem sei ein Besuch unserer Museumsausstellung herzlich empfohlen. Mit Werken aus der Sammlung und Leihgaben von im Aussenraum beteiligten Kunstschaffenden portraitiert die Schau den Fluss von seinem Ursprung im Grimselgebiet bis zum Eintritt des Aarewassers ins Meer und streift dabei Aspekte wie Energiegewinnung, Schifffahrt, Umweltverschmutzung oder Flora und Fauna.

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