Der städtische Geldhahn und der Hahn, der bald nicht mehr kräht
Das neue Schulhaus im Kleinholz reift heran. Eigentlich wäre das eine erfreuliche Botschaft. Wenn denn die Stadt in diesem Prozess nicht andauernd neue Kommunikationspannen fabrizieren würde. Die neuste Medienmitteilung flatterte letzte Woche ins Postfach. Wie es die Kommunikationsabteilungen grosser Firmen zu tun pflegen, informiert die Stadt darin gar nebulös über den neusten Stand der Planung.
Statt zu schreiben, was Sache ist, und ehrlich hinzustehen, zieht der Stadtrat zum wiederholten Mal den Zorn auf sich. Denn zum mindestens vierten Mal in Folge steigen die geplanten Investitionen, bevor überhaupt das Fundament gelegt ist. Knapp 40 Millionen teuer soll das Schulhaus inklusive einer Dreifachturnhalle nun werden. Ursprünglich war im Zahlenwirrwarr noch von je 10 Millionen Franken die Rede gewesen.
Hat die Stadt also fahrlässig den Geldhahn aufgedreht und klotzt beim neuen Schulhaus? Nein, sie hat vielmehr ungenügend und vorschnell kommuniziert. Olten jetzt! rollte die Geschichte rund um die vermeintliche Kostenexplosion in elbphilharmonischem Ausmass auf und kommt zum Schluss: Im Stadtrat fehlt eine Fehlerkultur.
Denn eigentlich hätte der Stadtrat wissen müssen, dass es teurer kommt: Schon in der ersten Studie, die dem Stadtrat als Grundlage diente, schrieb Kontextplan, die Stadt müsse mit Investitionen von bis zu 50 Millionen Franken rechnen. Auch in der neusten Medienmitteilung steht kein Wort, das eine Fehleinschätzung vonseiten der Stadtregierung eingestehen würde. Aus den Parlamentsunterlagen wird ersichtlich: Ein Schulhaus in der Grössenordnung, wie Olten es braucht, hat seinen Preis. In einer Liste vergleicht die Stadt den Quadratmeterpreis für das Kleinholz-Projekt mit Schulhäusern in anderen Gemeinden. Darunter findet sich auch dieses Beispiel aus Zürich (Kostenpunkt 42.5 Mio / 4813 Franken pro Quadratmeter).
Nach dem Kommunikationsfiasko gab der Stadtrat im Oltner Tagblatt an, er wolle die Kosten drücken. Darunter würde wohl wiederum die Qualität leiden, der Bau wäre weniger nachhaltig. Die Stadt müsste vielmehr aufzeigen, worauf die höheren Kosten zurückzuführen sind und weshalb sich die Investition langfristig lohnen kann. Der hohe energetische Ausbaustandard etwa wird die Betriebskosten senken. Und würde die Dreifachturnhalle angenommen, könnte die Stadt auf die Miete der Giroud-Olma-Hallen (266’000 Franken jährlich) verzichten. Würde dies gelingen, wäre das Projekt vermutlich bei vielen unbestritten. Ansonsten droht bei der Volksabstimmung der böse Kater danach.
Apropos Kater …
Das Coq d’Or hat über zehn Jahre lang vielen Menschen einen solchen beschert. Die wenigsten dürften den Kater bereut haben. Der Exzess war in der Kulturinstitution Programm. «Ich bin ein Fan davon, wenn es mal nur ums Jetzt geht», sagte Daniel Kissling, als ich vor gut drei Jahren ein Porträt über ihn schrieb.
Wie viele Menschen dieser Ort über eine Dekade hinweg geprägt hat, zeigte sich, als das Coq letzte Woche auf den sozialen Medien das baldige Ende verkündete. Der Hahn hat – zumindest am jetzigen Standort – im Juni ausgekräht.
Für die Oltner Kulturszene ein herber Verlust. War doch das Lokal ein Fenster in die Welt: Über 1000 Musikgruppen spielten im Coq d’Or und an seinen besten Abenden zog die Kulturbar Menschen von weit her nach Olten an. In den letzten Jahren kämpfte das Coq d’Or aber stets ums Überleben und selbst ein Crowdfunding verbesserte die Situation nur kurzzeitig. Die Not des Kulturlokals löste eine kontroverse Debatte zur Frage aus, ob die Stadt eine Institution dieser Art finanziell unterstützen soll. Mit dem Ende des Coqs bleibt die Frage vorübergehend im Raum stehen.
Und für jene, die um das Stück Oltner Kulturgut trauern: Offen bleibt, ob der Kulturverein an einem neuen Ort seine Reinkarnation erfährt.