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Saftige Felder

Zum Jahreswechsel stellt Christoph Oeschger mit dem Projekt Nomadic Art Space ausgewählte Werke von Jessica Russ aus. Die 33-jährige Künstlerin aus Lausanne war Finalistin an den Swiss Art Awards 2021.
28. Dezember 2021
Text: Joshua Guelmino, Fotografie: Timo Orubolo

Durch die Schaufensterfront dringt helles Licht in den Neuen Kunstraum Olten an der Mühlegasse 1. An den Wänden hängen sattfarbige Acrylbilder auf Leinwand und in der Mitte lädt eine Bank zum Verweilen ein. Pfade aus farbigem Granulat am Boden vermitteln ein plastisches Gefühl im offenen Raum.

Die Kompositionen von Jessica Russ bestechen durch eine extrem scharfe Linienführung und satte Farben. So entstehen saftige Farbflächen, die sich trennscharf voneinander abgrenzen und teilweise doch ineinanderzufliessen scheinen. Ergänzt werden sie mit spielerischen angedeuteten oder artikulierten Linien, die die Bilder in unterschiedliche Sektionen unterteilen. Beim ersten Betrachten wirken die Werke fast mechanisch, als wären sie von einem riesigen Drucker ausgespuckt.

Russ selber bezeichnet ihre Werke als «mentale Landschaften, deren Formen an die Kurven eines Körpers oder anonyme geometrische Figuren erinnern könnten». Auf den ersten Blick wirken einige Kompositionen wirr und das Auge sucht vergeblich nach bekannten Mustern oder Regelmässigkeiten. Nach einiger Zeit laden die Bilder zum Verweilen ein und das Auge begibt sich auf Wanderschaft durch die saftigen Farbflächen. So lassen sich die besagten Körperlichkeiten und farbenprächtige Landschaften erahnen.

Die Künstlerin arbeitet mit flachen Farbtönen. Auffallend sind die pastellblauen und rosafarbenen Strukturen, die ineinandergreifen. Fast schon gezielt dienen grelle Flächen in Rot als starker Kontrast und belebendes Element. In der Ausstellung sticht das Gemälde «Confetti box» heraus. Die Pastellfarben rücken hier in den Hintergrund und machen Platz für eine Reihe dominant greller Farbtöne mit spannenden Kontrasten. Genau diese Aspekte sind es auch, die Jessica Russ reizen: «Ich sehe mich in meiner Arbeit als Coloristin. Deshalb liebe ich es, mit verschiedenen Farben zu spielen und dabei spannungsvolle Dissonanzen und Resonanzen zu erzeugen».

Multimedialer Prozess

Ihre Inspiration holt sich Russ aus allem, was sie umgibt und was mit organischen Formen zu tun hat – insbesondere im Zusammenhang mit Landschaften. Dabei verfolgt sie zwei Blickwinkel, einen inneren und einen äusseren. Dies zeigt sich in der Mehrschichtigkeit und Kontrastfreude der Bilder.

Die Entstehung ihrer Bilder beginnt am Computer. Mit Photoshop zeichnet sie erste Entwürfe und Modelle. Diese überträgt sie dann Freihand mit Bleistift auf die Leinwand. Alle Farben mischt sie selber und trägt diese dann in mehreren Schichten auf die Leinwand auf. Eindrücklich ist, dass sie dabei auch hier freihändig, ohne Klebeband derart trennscharfe Konturen hinkriegt.

Die Ausstellung

Auf zwei Stockwerke verteilt sind neun Werke der jungen Künstlerin ausgestellt. Ausstellungsmacher Christoph Oeschger ist leidenschaftlicher Musiker und Kunstliebhaber. Ihm ist es wichtig, Kunst als ganzkörperliches, immersives Erlebnis darzustellen. Ausgewählte Klänge untermalen deshalb die Werke von Jessica Russ. «Für mich ist es das Grösste, wenn die Besucher während der Betrachtung der Bilder mit dem Takt mitwippen», verrät Oeschger.

Seit 2018 organisiert Oeschger Kunstausstellungen mit dem Nomadic Art Project. Nach einigen Abstechern in der ganzen Welt und verschiedenen Standorten in Olten ist das Projekt nun an der Mühlegasse 1 vorübergehend sesshaft geworden. Die Ausstellung «Juicy Fields» dauert noch bis am 9. Januar 2022.

Öffnungszeiten & Infos

29.-30. Dez. 14-17 Uhr
1.-2. Jan. 14-17 Uhr
7.-9. Jan. 14-17 Uhr

Webseite: Nomadic Art Projects


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