«Ländiglück»? So wird die neue Flaniermeile an der Aare aussehen
Seit der Befreiung der Kirchgasse vom Verkehr im Jahr 2013 ist er der städteplanerisch grösste Wurf: der neue Ländiweg. Nirgendwo scheint die Abendsonne schöner hin als hier, bevor sie sich hinter den nordwestlichen Jurahügeln verabschiedet. (Okay, ausser vielleicht oben am Waldrand im Säliquartier. Aber da gibt’s die Aare nicht.) Schon im biederen Gewand waren die Plätze auf der Mauer entlang der Böschung mit Blick auf Wasser und Altstadt begehrt. Den Raum nahmen auch Menschengruppen in Anspruch, die nicht allen in der Gesellschaft behagen. Der Ländiweg galt als «unsicher», viele mieden ihn vor allem nachts.
Das soll passé sein, wenn der Weg auf den Winter hin wieder öffnet. Ein kleines Paradies verspricht die Stadt mit ihrem neuen Projekt. Eine Oase für alle. So etwas wie der kleine Startschuss für den hoffentlich bald kommenden Bahnhofplatz, der zur vielzitierten Visitenkarte der Stadt werden soll. Das Visitenkärtli könnte dann der Ländiweg sein, der die in Olten gestrandeten Menschen über den Aareweg in die kleine, aber feine Altstadt locken soll.
Unoltnerischer Entscheid
Man ist fast versucht zu sagen, es sei einem unoltnerischen Entscheid geschuldet, dass die Flaniermeile bereits dieses Jahr wahrhaftig wird. Die Stunden, in welchen sich im Parlamentssaal alles um eben diesen Ländiweg drehten, würden bestimmt ein einwöchiges Seminar füllen. Kurz erzählt: Ganz oltnerisch (oder auch schweizerisch) wollte der Stadtrat alles schön der Reihe nach angehen.
In der ersten Phase wäre die Böschung verschwunden, da der Kanton ohnehin die Stützmauer am Bahnhofquai erneuern würde – was gerade geschieht. Die Stadt hätte den somit breiteren Ländiweg etwas begrünt (Pinselsanierung). Wohl frühestens fünf Jahre später wäre mit dem neuen Bahnhofplatz am Ländiweg die zweite Phase angedacht gewesen, mit allem Drum und Dran – die Attraktivierung eben.
Coup der Linken
Nein, sprach das Parlament. Es wollte das Drum und Dran gleich haben. An einem Abend gelang, was zuvor ein Jahrzehnt warten musste. Die linke Mehrheit sprach drei Millionen Franken. Durch das beschleunigte Projekt nahm sie in Kauf, auf mögliche Bundesgelder aus dem Agglomerationsprogramm zu verzichten.
Ein Jahr später kam aus dem Stadthaus aber die Meldung: Es braucht nochmal rund 900’000 Franken. Bauabfälle in der abgetragenen Böschung und statische Mängel an der Wegkonstruktion sowie der Stützmauer zur Holzbrücke hin sorgen für Mehrkosten. Es war ein gefundenes Fressen für die Bürgerlichen, die kalte Suppe nochmals aufzukochen. An den Handstreich zu erinnern und der Linken mal wieder vorzuwerfen, sie umginge mit ihrer «Salamitaktik» den Urnengang (ab 4 Millionen Franken ist die Volksbefragung vorgeschrieben).
Nur sei angemerkt: Das Stimmvolk hatte für das Projekt Andaare einst 25 Millionen Franken (inklusive Steg) gesprochen, die wegen der schlechten finanziellen Lage der Stadt flussabwärts gespült wurden. Das Projekt verschwand unter den Stapeln im Stadthaus. Dass die Linke nun bei der gemeinhin als «Andaare-Light» bezeichneten Vorlage aufs Tempo drückt, darüber freuen sich hinter vorgehaltener Hand selbst hohe Verwaltungsangestellte aus Solothurn. Endlich gehe was am Ländiweg. Und überhaupt in Olten.
Das Drum und Dran
Konkret gestaltet die Stadt eine gut 100 Meter lange und 7 Meter breite Promenade. Sie hat sich ernsthaft Gedanken gemacht, wie der Ländiweg zu einem attraktiven Aufenthaltsraum werden kann, wie unser Gespräch mit Stadtplaner Lorenz Schmid zeigt. Der Ausbauplan schaut wie folgt aus:
- Der Bezug zum Jura
Mit schwungvollen Adjektiven und Schachtelsätzen beschreibt das Gestaltungsplankonzept die künftige Szenerie. Wir versuchen, dies etwas einfacher zu erklären: Die Mauer im Hintergrund soll mit hellen Kalksteinbeton-Elementen einen Bezug zu den Jurahügeln schaffen. Auf der davorliegenden Promenade wird sich ein mäandrierender Weg vom Bahnhof zum Wildsauplatz erstrecken. Er führt um drei Nutzungsinseln, die mit Bäumen begrünt sind. Der Belag besteht analog zur Kirchgasse aus Gussasphalt mit hellen Einsprenglingen. Zusätzlich aufgewertet wird die Promenade mit dem Fischbrunnen von Paul Nünlist.
- Das Stadtgrün
Mit den neugepflanzten Bäumen am Bahnhofquai oben und am Ländiweg selbst wird der Aareraum wesentlich stärker begrünt. «Oben pflanzen wir Baumtypen, die mit der Linde verwandt sind. Wir möchten die symmetrische Situation zum Amthausquai wiederherstellen», erklärt Lorenz Schmid. Bis in die 50er-Jahre war der Bahnhofquai nämlich bereits mit Bäumen versehen. Sie mussten später der Strassengestaltung weichen. Auf der gegenüberliegenden Aareseite hat die Lindenallee bereits eine lange Geschichte, wie die stattlichen Bäume vermuten lassen. Bis zu 90 Jahre alt sind die Linden am Amthausquai. Am Bahnhofquai pflanzt die Stadt jeweils drei verschiedene Sorten, um den Krankheitsbefall abzufedern.
Am Ländiweg selbst sind Platanen und Maulbeerbäume vorgesehen. In den Pflanzrabatten entlang der Mauer wird kleineres Gehölz gepflanzt. Die Bäume sollen am Ländiweg bloss einen feinen Schatten spenden, um die Durchsicht vom Bahnhofquai zu ermöglichen. «Damit wollen wir sichtgeschützte Nischen verhindern», sagt der Stadtplaner. Bleibt zu hoffen, dass die Flaniermeile wegen dieser Massnahme nicht zu sehr von der Sonne aufgeheizt wird, wie dies an heissen Sommertagen auf der Kirchgasse der Fall ist.
- Liegen und Sitzen
Sitzgruppen aus einheimischem Lärchenholz werden hochwassersicher rund um die Bauminseln installiert sein. Hinzu kommen ausschwingende Sitzstufen, welche die Pflanzrabatten entlang der Mauer eingrenzen. Mittendrin wird ein Tisch stehen. «Er kann als Spontanmarkt genutzt werden oder um Reden zu halten», sagt Lorenz Schmid und lacht. Ein Stück Hyde Park an der Oltner Aare.
- Für den Gaumen
Inmitten der Promenade ist ein Leerplatz für mobile Standangebote ausgespart und mit Wasser- und Stromanschluss versehen. Wenn möglich möchte die Stadt die Betreiberin mit einem Ordnungsauftrag ausstatten, sagt Schmid. Etwa um Littering vorzubeugen, noch ist dies aber nicht genauer bestimmt. Die festinstallierten (Gastro-)Betriebe sollen gemäss Stadtplaner im Bereich des künftigen Bahnhofplatzes und beim Wildsauplatz konzentriert bleiben. Für den mobilen Stand sei die Stadt mit möglichen Betreibern im Gespräch, so Schmid.
- Wann kommt die Schwimmplattform?
Ganz ohne Etappierung geht’s auch bei diesem Projekt nicht. Die geplante Schwimmplattform muss warten. Für diese wird ein separates Nutzungsplanverfahren nötig, das rund eineinhalb Jahre dauern dürfte. Wer direkt vom Aareschwumm kommt und am Ländiweg flanieren will, muss deshalb zunächst übers Schwanenmätteli aussteigen.
Sitzstufen zur Aare hin wird es voraussichtlich längerfristig keine geben. Grund dafür ist die Abwasserleitung unter dem ehemaligen Ländiweg. Sie hat noch eine Lebensdauer bis 2045. Erst wenn diese ersetzt würde, könnten beim Neubau stellenweise Stufen ans Aarewasser eingebaut werden. Der Zweckverband lehnte den Vorschlag der Stadt ab, vorsorglich Leerrohre im Bereich der Mauer zu verlegen, die er zu einem späteren Zeitpunkt hätte nutzen können. Trotzdem sagt Schmid: «Sitzstufen sind als Endzustand weiter vorgesehen.» Er spricht dabei aber vom Zeithorizont 2045.
- Bald auch Veloweg?
Der neue Ländiweg ist mittelfristig auch als Veloweg vorgesehen und bereits als solcher konzipiert. Der mäandrierende, drei Meter breite Weg soll dereinst Platz für Mischverkehr bieten. «Das macht frühestens Sinn, wenn der neue Bahnhofplatz, der Fuss- und Velosteg und die Velostation stehen», sagt Lorenz Schmid. In diesem Fall müsste noch der südliche Teil zum Wildsauplatz ausgebaut werden. Wie der nächste Ausbauschritt aussehen könnte, sei bereits skizziert, so der Stadtplaner.
Gib der Stadt ein Feedback, bevor der Bau fertig ist. Was würdest du dir für den Ländiweg wünschen?
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Weiss jemand, ob/wie der Umbau des Bahnhofplatzes / Anschluss Lāndiweg mit einem möglichen Ausbau des Bahnhofs koordiniert ist? Ich denke da speziell an einen grosszügigen Durchgang für den Langsamverkehr (Thema Stadtseiten-Verbindung). Danke im Voraus!
Besten Dank für die Nachfrage. Die Arbeiten am Bahnhofplatz und der Ausbau des Bahnhofs sollen ab 2026/27 beginnen. Der Ländiweg ist so konzipiert, dass er an den neuen Bahnhofplatz angeschlossen werden kann. Später werden Fuss- und Veloverkehr (FVV) gemischt über die neue Passerelle von der Römerstrasse her geführt – im Bahnhof entsteht eine neue unterirdische Velostation. Die Hardegg-Unterführung soll im Übrigen verlängert und künftig wie heute die Martin-Disteli-Unterführung direkt an die Aare führen. Entlang der Aare wird der Veloweg über den Ländiweg zum Wildsauplatz führen. Wie der Stadtrat neulich auf Anfrage sagte, ist aber im Bahnhofsprojekt leider noch keine Lösung für die Velo-Stadtseitenverbindung vorgesehen. Die Stadt entwickelt derzeit jedoch einen Masterplan Velo – bleibt zu hoffen, dass sich durch diesen neue Ansätze ergeben. Stadtpräsident Thomas Marbet sagte hierzu: “Wir schauen dabei, wie wir für den Veloverkehr auf den Hauptachsen Platz schaffen können – derzeit ist aber kein neues Projekt in Planung.” Affaire à suivre.
Nun, ich hoffe, dass der Ländiweg die rechte und linke Seite der Aare endlich mal mit einem modernen und sicheren Velostreckennetz und ohne Stopp verbindet. Meine Gäste (meistens auch mit Kinderwagen) im Bnb meckern immer, was das für ein Veloweg sei unter der Bahnhofstrasse bei der Hauptpost, sowas hätten sie noch nie gesehen – grosse Wand schmaler Weg, da müsste nur mal ein Lastwagen ein bisschen zu weit rechts fahren, und dann hätte man einen schweren Unfall! Habe mich schon erkundigt, ist halt eine Kantonsstrasse. Nun gut, man sollte den Kanton mal fragen, warum der Veloverkehr nicht geschützt wird!… Aber da kriegt man als einfacher Bürger auch keine Antwort! Schade, dass Velofahren in Olten so unsicher ist! Ich hoffe nur, dass es nicht zu einem schweren Unfall kommt. Am besten sollte man den Veloverkehr bei der Hauptpost trennen und einen anderen Weg finden, der sicher ist! Gruss, Reto