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Alles neu

Die Stadt Olten plant fürs 2022 fast so viele Pensionierungen wie Neubauten. Ein Überblick über meine erste Medienkonferenz.
18. Januar 2022
Text: Jana Schmid, Fotografie: Stadt Olten

«Ich verbrenn’ mein Studio, schnupfe die Asche wie Koks», sang einst Peter Fox. Das Lied geht mir durch den Kopf, als ich im zehnten Stock des Oltner Stadthauses dem Stadtpräsidenten Thomas Marbet lausche. Er erzählt, was Olten vorhat im Jahr 2022. «Alles glänzt, so schön neu», will ich singen. 

Mach ich aber nicht, natürlich nicht, denn: Es ist die Jahresmedienkonferenz des Stadtrats, meine erste Medienkonferenz im Oltner Stadthaus und Montagmorgen. Im Raum sitzen an weissen Tischen mit BAG-konformen Abständen zehn Männer und zwei Frauen (Stadträtin Marion Rauber und ich). 

Der Reihe nach erzählen die Stadträte und die Stadträtin, was in ihren jeweiligen Direktionen so ansteht in diesem Jahr. Wenn sie erzählen, merke ich: Man kennt sich in der Kleinstadt. Abkürzungen etwa werden nicht erläutert. Man nimmt an, dass die alteingesessenen Herren Journalisten wissen, worum’s geht. 

Besonders oft geht es um neue Bauprojekte und um Pensionierungen – beziehungsweise Stellen, die dadurch neu besetzt werden. Es scheint, als wolle sich Olten entrümpeln, abstauben und neu einkleiden.

Wie Peter Fox eben, als er seinen Song schrieb.

Bauen

So beginnt denn auch die ausgehändigte Medienmitteilung mit den Worten: «Die Stadt Olten will investieren – gleich in mehrfacher Hinsicht». Baulich etwa wird im Frühling der Spatenstich für die Schulanlagen Kleinholz erfolgen, der Ländiweg wird nach und nach zur Wohlfühlzone umgestaltet werden und das Aareufer beim Pontonierhaus sollen neu Sitzstufen schmücken. 

Und, für Adrenalinjunkies: Die Badi erhält eine neue Rutschbahn! Die steilste der drei Plastikröhren hatte einen Defekt und wird ersetzt werden. Durch ein nicht minder lustiges, aber ein bisschen sichereres Modell, beteuert Baudirektorin Marion Rauber.

Ich denke an Badehosen im Füdlispalt zwecks Temposteigerung. Dann höre ich wieder zu. 

Der neue Bahnhofplatz Olten befindet sich in der Vorprojektphase. Übersetzt heisst dies: Noch ziehen ein paar Jährchen ins Land, bevor es losgeht. 2027 könnten die Bagger auffahren. Und für den Projektierungskredit für ein neues Kunstmuseum wird bald eine Parlamentsvorlage ausgearbeitet.

Weitere Projekte stehen an, sobald die finanziellen Mittel da sind: zum Beispiel die Stadtteilverbindung Hammer vorantreiben, ein neues Nutzungskonzept für die Stadthalle erarbeiten oder den Kremationsofen sanieren.

Ja, richtig, sogar der Kremationsofen braucht ein Upgrade. Dafür hat sich die Stimmbevölkerung ausgesprochen. Weil der Tod zum Leben dazugehört oder so.

Budgetblockade überwinden

Es wurde oben angetönt: So einiges, was die Stadt vorhat, hängt noch davon ab, ob sie das Geld dafür kriegt. Und das wiederum hängt vom Stimmvolk ab, welches am 13. Februar über das Budget abstimmen wird (damit hat sich Kolt bereits beschäftigt). Entsprechend wenig überraschend ist eines der generellen Ziele, das der Stadtrat für 2022 definiert: Budgetblockade überwinden. 

Blockiert ist er nämlich nicht nur, wenn es um chice Bauprojekte geht. 

Direktor für Bildung und Sport Nils Löffel erklärt, dass eine Elternumfrage geplant sei, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu eruieren. So könnte beispielsweise festgestellt werden, ob Olten eine Tagesschule braucht. Dafür soll an alle in Olten wohnhaften Eltern mit Kindern unter 16 Jahren ein Brief verschickt werden – nur fehlt es der Stadt momentan an Budget, um den Postversand zu finanzieren.

Pensionieren

Vielleicht liegt das auch daran, dass Olten offenbar immer mehr Kinder hat und deshalb dieser Briefversand so unsäglich teuer würde. Die geplanten Erweiterungen der Oltner Schulhäuser seien nämlich auch auf steigende Schülerzahlen zurückzuführen, so Marion Rauber. 

Eine grosse, neue, gut ausgebildete Generation von Oltnerinnen wächst also heran. Und die alte geht langsam in den Ruhestand, denke ich, als bei den wortführenden Stadträten immer wieder der Begriff «Pensionierung» fällt. 

Ob in der Stadtbibliothek, der Abteilung für Ordnung und Sicherheit oder bei der Pensionskasse: Neubesetzung nach Pensionierung, Organisationsüberprüfung anlässlich Pensionierung, Outsourcing. 

Der Ruhestand wird zum Anlass genommen, Strukturen zu überdenken und neuen Wind in die Stadtverwaltung zu bringen.

Frischer und sauberer Wind ist das Ziel, und dafür wird sogar eine neue Stelle geschaffen, ohne dass jemand pensioniert wird: Die Fachstelle Energie, Klima und Umwelt wird dieses Jahr ihre Tätigkeit aufnehmen. Diese kümmert sich zukünftig um die Umsetzung der Klimastrategie 2040. 

Schade eigentlich, dass niemand pensioniert wird, die sich diesem Anliegen schon früher gewidmet hätte, denke ich. Die ehemalige Umweltfachstelle wurde 2014 weggespart. Jetzt kommt sie wieder. Und bleibt, hoffentlich.

Kiffen

Wie auch immer, eines ist klar: Die Stadtverwaltung will Olten erneuern.

Dabei schnupft sie wahrscheinlich keine Asche wie Koks. Dafür besteht eine reelle Chance, dass sie bald mit einem Joint wieder runterkommen könnte, wenn all das Neue mal zu stressig würde und immer noch kein Budget da wäre: Ein Pilotversuch zur nichtmedizinischen Cannabis-Abgabe in der Stadt Olten ist auf gutem Weg, berichtet der Direktor für Soziales Raphael Schär-Sommer. 


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