«Es trifft nicht zu, dass öffentliche Flächen in Olten ein rares Gut sind»
Dass auf dem ehemaligen Minigolfgelände im Kleinholz bald etwas Neues entstehen soll, finden viele Oltner erfreulich – auch Kolt-Leser Matthias Tschopp. Das Vorgehen der Stadt in dieser Sache irritiert ihn aber.
Denn der Bike Club Olten, der für das Areal den Zuschlag erhalten hat, musste sich nie gegen etwaige Mitbewerber durchsetzen; die Stadt hatte das Areal vorgängig nicht ausgeschrieben. Sollte das nicht Standard sein bei öffentlichen Flächen dieser Grösse? Wir haben bei Stadtbaumeister Kurt Schneider nachgefragt.
Herr Schneider, für das ungenutzte Areal im Kleinholz gab es neben dem Bike Club Olten sicherlich weitere Interessenten.
Kurt Schneider: Selbstverständlich fragt immer wieder mal jemand an, aber ernsthaftes Interesse und funktionierende Konzepte hat es sonst nicht gegeben. Es gibt klare Kriterien, was auf dem Areal zulässig ist. Da es sich in einer Zone für öffentliche Bauten und Anlagen befindet, muss eine künftige Nutzung zuerst einmal zonenkonform sein. Das wäre ein alleinstehender Restaurationsbetrieb beispielsweise nicht – jemand hatte die Idee, dort oben ein Café zu eröffnen. Weiter muss das Angebot niederschwellig zugänglich sein und eine Infrastruktur bieten, die Nutzergruppen aus der Stadtbevölkerung anspricht. Auch sollte die Betreiberin eine Oltner Institution sein, die Bestand hat und eine solche Anlage über einen gewissen Zeitrahmen betreiben kann. Und schliesslich muss ein Engagement vorhanden sein, das heisst, die Finanzierung und der Unterhalt müssen sichergestellt sein.
Das Areal weist ohnehin eine spezielle Form auf, die nicht jede Nutzung zulässt. Und da es für zukünftige Generationen nicht dauerhaft blockiert sein soll und es sich bei der Pumptrack-Anlage um einen sportlichen Trend handelt, ist die Nutzungsdauer der Fläche auf zehn Jahre befristet. Wenn das öffentliche Interesse nach zehn Jahren immer noch vorhanden ist, kann die Pacht selbstverständlich auch verlängert werden.
Kolt-Leser Matthias Tschopp ist der Ansicht, dass grosse öffentliche Flächen rares Gut seien und ausgeschrieben werden sollten. Wieso ist das nicht geschehen?
Wir haben uns auch gefragt, ob wir eine Ausschreibung machen sollen. Dann haben wir aber festgestellt, dass der Bike Club Olten mit seinem ausgereiften Konzept die Kriterien sehr gut erfüllt: Ein Verein mit einer guten Basis, der eine klare Idee hat, die Finanzierung sicherstellt, eine professionelle Planung macht und mit einer systematischen Standortevaluation aufzeigt, dass das Areal ideal ist. Was wäre also der Zusatznutzen einer Ausschreibung gewesen? – Null. Es gab keine weiteren Akteure, die ein ernst zu nehmendes Angebot deponiert haben.
Ausserdem trifft es nicht zu, dass öffentliche Flächen in Olten ein rares Gut sind.
Das sehen offenbar nicht alle so.
Schauen Sie, der Bike Club Olten hat für den Bau der Pumptrack-Anlage in Zusammenarbeit mit der Direktion Bildung und Sport eine Standortevaluation an 16 verschiedenen Örtlichkeiten in der Stadt vorgenommen. Geprüft wurden unter anderem die Umgebung des Kleinholz-Schulhauses sowie jene des Säliparks, die Schützenmatte, das Areal Olten SüdWest und ein paar weitere private Areale. Das Kleinholz erwies sich schliesslich als ideal. Es gibt also viele Flächen in Olten, welche eine solche Nutzung grundsätzlich zulassen, aber nicht alle sind gleich gut geeignet.
Gibt es seitens der Stadt konkrete Pläne, wie solche Stadtbrachen zu nutzen sind?
Der Konkretisierungsgrad ist für die verschiedenen Flächen sehr unterschiedlich. Auf bestimmten Arealen wie etwa bei der Schützenmatte oder der Stationsstrasse besteht noch viel Gestaltungspotential. Sie sind Thema des räumlichen Leitbildes, einer Teilphase der Ortsplanung. Im Rahmen der Mitwirkung im Sommer 2021 werden die Inhalte für den Masterplan öffentlich diskutiert. Dazwischen gibt es Gebiete wie etwa Olten SüdWest, Bahnhof Nord oder beim Sälipark, für welche die Nutzung schon konkreter definiert ist, aber trotzdem noch vieles möglich wäre, auch Zwischennutzungen. Andernorts wie beispielsweise beim Ländiweg sind schon konkrete Projekte vorhanden.
Wäre auch denkbar, dass die Stadt solche Brachflächen zur Nutzung ausschreibt? Zum Beispiel in Form eines Ideenwettbewerbs?
Ob die Flächen ausgeschrieben werden sollen, muss die Politik entscheiden. Technisch ist das natürlich machbar. Wichtig ist dabei, dass klare Kriterien definiert werden. Zudem zeigt das aktuelle Beispiel, dass auch eine Standortevaluation zum Ziel führen kann.
Das Areal im Kleinholz hätte auch mehreren Parteien zur Verfügung gestellt werden können. Matthias Tschopp etwa nennt als denkbare Mitnutzerin die Pfadi Olten, die gegenwärtig nach einem neuen Standort für ihr Pfadiheim sucht.
Das Areal ist öffentlich zugänglich und wird sicher von verschiedenen Parteien genutzt werden: So können dort beispielsweise auch Fahrkurse für Bikerinnen oder der Sportunterricht der Oltner Schulen stattfinden. Ein Pfadiheim stünde im Widerspruch zum städtischen Sportstättenkonzept, das für diesen Ort eine sportliche Nutzung vorsieht. Zudem hat ein Pfadiheim eigene Ansprüche und es würde sicher nicht nach 10 Jahren wieder zurückgebaut.
Ein weiterer Vorteil für den Bike Club ist, dass er der Stadt für die Nutzung der Fläche keine Pacht zahlen muss.
Das Areal ist nicht pachtfrei, denn es gibt einen Gegenwert zur Pacht. Gemäss der Leistungsvereinbarung zwischen dem Bike Club Olten und dem Stadtrat bleiben die Investitions- und Betriebskosten beim Bike Club. Im Unterschied zur vorherigen Minigolfanlage kann die Anlage dann von der Bevölkerung und der Schule kostenlos genutzt werden. Der öffentliche Nutzen ist der Pachtzins.
Ein guter Deal für den Bike Club. Womöglich hätten sich manche Interessenten aber erst nach einer Ausschreibung bei der Stadt beworben.
Es ist wie überall: Wer etwas erreichen möchte, muss sich ernsthaft dafür engagieren. Solche Chancen werden niemandem pfannenfertig serviert. Auch der Bike Club hätte sagen können, die Stadt soll uns diesen Pumptrack finanzieren und bereitstellen, dann wäre er aber mit grosser Wahrscheinlichkeit gescheitert. Stattdessen hat er einen Vertrag angestrebt, der das Geben und Nehmen angemessen berücksichtigt.
Olten ist grosszügig, wenn der Nutzen für die Bevölkerung gegeben ist: Die Stadt unterstützt sehr viele kulturelle und sportliche Organisationen, indem sie Hallen, Gebäude, Land, Unterhaltsaufwand und Beiträge zur Verfügung stellt. Dabei muss sie den Vergleich mit anderen Kleinstädten nicht scheuen, im Gegenteil. Die Schützi zum Beispiel ist ein privater Verein, der das Gebäude in der Schützenmatte kostenlos nutzt und im Gegenzug ein vielfältiges Kulturangebot schafft. Aktuell bespielt das International Photo Festival Olten (IPFO) das ehemalige Naturmuseum für eine befristete Zeit. Das sind Beispiele, die das Stadtleben bereichern, bei denen aber kaum wahrgenommen wird, dass die Stadt einen wesentlichen Beitrag leistet.
Derzeit erarbeitet Olten ein neues räumliches Leitbild, das die Grundlage für eine Ortsplanungsrevision bilden wird. Welche Rolle spielt dabei das Bedürfnis nach öffentlichem Freiraum?
Es zeichnet sich ab, dass dem öffentlichen Freiraum eine höhere Bedeutung zukommen wird als bis anhin. Wir sind rechtlich verpflichtet, dafür zu sorgen, dass mehr Leute die bereits bestehenden Bauzonenflächen nutzen. Deshalb muss man über Zugänglichkeit, Menge und Qualität des Freiraumes diskutieren. Die Stadt ist in dieser Hinsicht bereits sehr aktiv, etwa am Ländiweg, in der Mühlegasse oder in der Umgebung der Schulhäuser Kleinholz und Säli. Auch die aktuellen politischen Vorstösse zeigen, dass der öffentliche Freiraum stärker gewichtet wird, etwa die Aufträge des Gemeindeparlaments zum Munzingerplatz, zum Aareufer und zur Kirchgasse.
Was bedeutet das für die Zukunft?
Standorte könnten weiter aufgewertet werden, etwa indem Parkflächen auf Geschossen untergebracht werden und damit Raum in der Fläche freigespielt wird. Ausserdem wird es darum gehen, Zwischenräume dem Klima angepasst zu gestalten und für Fussgänger durchgängiger zu machen.
So geht es weiter Zwischen dem Bike Club Olten und dem Stadtrat gibt es eine gegenseitige Absichtserklärung, was den Pachtvertrag und die Leistungsvereinbarung zur Pumptrack-Anlage betrifft. Diese sind aber noch nicht abschliessend verhandelt und unterzeichnet. Für die Projektbegleitung seitens der Stadt und die Leistungsvereinbarung zeichnet die Direktion Bildung und Sport, für den Pachtvertrag die Direktion Bau verantwortlich. Die Stadt Olten bearbeitet gegenwärtig ihr räumliches Leitbild. Demnächst schickt sie es in die Mitwirkungsphase, worauf es dann nach den Sommerferien stadtweit diskutiert werden soll. Aufgrund der Corona-Situation wird dies voraussichtlich auf einer Online-Plattform geschehen. Alle interessierten Personen, auch jene unter 18 Jahren oder aus Nachbargemeinden, können sich in einem Zeitraum von mindestens 30 Tagen informieren und mitdiskutieren. Gestützt auf die eingebrachten Vorschläge überarbeitet die Baudirektion die Unterlagen, bevor das Leitbild Anfang nächsten Jahres ins Parlament kommt. Auf dieser Basis erarbeitet die Stadt ihre Zonenpläne und das Bau- und Zonenreglement. Die Ortsplanungsrevision wird frühestens 2024 abgeschlossen sein. |
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Danke für das aufschlussreiche Interview. Die Zusammenarbeit zwischen Stadt und Bike-Club ist fortschrittlich und zukunftsweisend – der Pumptrack scheint am richtigen Ort (wenn man die nötigen Hintergrundinfos hat). Go for it!
Wie Kurt Schneider sagt: Es wäre Aufgabe der Politik, zukünftig dafür zu sorgen, dass proaktiv über verfügbare Flächen, Nutzungsmöglichkeiten, Einschränkungen und Rahmenbedingungen informiert und so eine öffentliche Mitgestaltung und Teilhabe gefördert wird.