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«Make Love, not War. Oder wie’s uf Schwiizerdüütsch heisst: Mach Liebi, ned wohr»

Ob es die letzte Turmrede der Kabaretttage sein wird? Kilian Ziegler zeichnet das Bild der Apokalypse. Nur die Satire kann die Menschheit retten. Die ganze Rede unseres Kolumnisten im Outner-Dialekt gibt’s hier nachzulesen.
18. Mai 2022
Autor: Kilian Ziegler, Fotografie: Peter Hauser

Härzlich wöukomme zo de vellecht letschte Turmred i de Gschicht vo de Kabarett-Täg. Auso ned, wöu das jetzt e sehr schlächti Turmred wird, wo sich d’Verastauterinne und Verastauter drufabe dänke: «Goht’s eigentlich no, Herr Ziegler? Auso für sone Chabis hei mir Sie auso nid engagiert, das Format ghört mit dem Uftritt per sofort abgschafft!» Nei. Es wird ou ned e Skandal-Turmred, wo a d’Gränze vom guete Gschmack wird go, oder massig wird polarisiere, so, dass de Blick am nöchste Mäntig titlet: «Junger, gutaussehender und bescheidener Trimbacher Slam Poet entblösst sich auf dem Ildefonsplatz, Zuschauerinnen fallen in Ohnmacht, mittlerweile ausser Lebensgefahr.» Das ou ned.

Nei, es isch vellecht die letschti Turmred i de Gschicht vo de Kabarett-Täg, wöu’s d’Kabarett-Täg eventuell scho bau nömm gett. Verstöit mi ned fausch, d’Kabarett-Täg kämpfe ned oms Öberläbe, sie si ned finanziell am Schwömme, zomindest nid, dassi wüsst. Sösch hätte sie mi äuä ned engagiert, e be sehr tüür.

Nei, d’Kabarett-Täg und demit d’Turmred, getts vellecht scho bau nömm, wöu’s üs aui vellecht scho bau nömm gett. Simmer ehrlich, om d’Spezies Mönsch stohts ned auzu guet. Die Welt geht vor die Hunde. Aber leider sis ned härzigi Hönd. So Golden Retriever, oder für die Ärmere onder üs: Silver Retriever oder M-Budget Retriever. Ou ned eine vo dene öberzöchtete Chiuahuas, wo ned weisch: Isch’s Hund? Isch’s Muus? Isch’s Ratte? Nei, es si zähneflätschendi, aggressivi Kampfhönd, wo nor druf warte, ehri Opfer gnadelos z’zerbisse.

Egau, wo me häneluegt, sinnlose Wahnsinn und ned ändewöuendi Katastrophene. De Planet wird immer wärmer, d’Stimmig immer chöuter. Dezu e voreilig fertig-gloubti Pandemie und e onmönschliche, grausame russische Agriffschrieg. Und als wär das ned aues scho schlimm gnue, si jetzt ou d’Büetzer Buebe wieder uf Tournee.

Bi so vöune Problem, weiss me gar ned wo afo häneluege. Nämme mer s’Klima. D’Temperature stiige, in Indie herrscht grad e klimawandu-bedingti Tempera-Tortur vo 50° Celsius und no meh. Und wenn mer ned ufpasse ischs bi üs vellecht ou ergendwenn sowiit. Das dörf ned si, eg persönlich has gärn chaut, e bene coole Typ. Vor churzem hett mer im Usgang sogar e Franzos gseit, eg sigg e Kühltruhe. Auso är hett mer gseit Truh-de-Kühl. 50°, das muess me sich mou vorstöue. Wärmer uf de Wäut isch’s fasch niene… guet, vellecht no im Muul vomene Haifisch. Dir wüsst vellecht: In Haifischmäulern ist es immer warm… denn darin hat es Hai-Zungen. D’Wäut goht auso vor d’Hönd. Öberau Problem. Do frogt me sich scho: Dörf me i denne Ziite öberhoupt lache? Esch das ned pietätlos? De Situation völlig onagmässe?

Und so stohni do obe ufem Turm, vouer Ehrfurcht und Höheangst, haute die «mer-wird-ufem-Torm-bau-storm-Red» und froge mi: Beni de Richtig für dä Job? Was qualifiziert mi, i derer Ziit vom Tumult und Ufruhr, derer Ziitewändi öppis Substantiells biizstüüre. Was chan eg scho leiste? S’einzige woni cha mache, isch d’Lüüt zom Lache bringe, aber eg ha keni geniali Idee, wie me d’Mönschheit chönti vor sich säuber rette. Eg ha kei geopolitischi Lösigsvorschläg. Nei, mini Gedanke si meistens rächt domm. Erst grad hani mer zom Bispöu öberleit: Isch ächt schomou de James Bond im Coop uf d’Woog ghocket und hett 007 dröckt?

Wenni ned wiiter weiss, und verzwiiflet be, de gangi go recherchiere, i de Hoffnig, dass mer das Klarheit verschafft und eg d’Wäut es betzeli besser verstoh. Genau das hani gmacht, bim Schriibe vo derer Red, und ha wöue wösse, was hett’s eigentlich mit de Outner Kabarett-Täg genau uf sich? Mit denne Täg, wo Oute zom Mittelpunkt vo de Wäut macht. Zomindest vo de Kabarett-Wäut. Wo üsi Drü-Tanne-Stadt sich verwandelt vom Isebahn- zum Kabarett-Chnoteponkt. (Es isch jo scho gäbig, vo Oute us hesch mit em Zug immer e Haubstond. Z’Oute chasch i Zug istiige, inere Haubstond bisch in Bärn. Chasch z’Oute istige, inere Haubstond bisch in Zöri. Du hesch immer e Haubstond: Zöri, Basu, Bärn, Luzern, Chur, Hamburg, New York. Grossartig. Mer hei, so för die Uswärtigi, öbrigens 10 Gleis vo 1 bis 12, auso 1, 2, 3, 4, denn aber ned 5 und 6, sondern grad 7, 8, 9, 10, 11, 12. Me cha säge: D’Gleis am Bahnhof Oute sie wie mini Zügnisnote, damaus im Fach Turne: Egau, wie lang du suechsch, du fendsch niene es Füfi oder Sächsi. Bsonders schlächt gse beni im Schwimmunterricht. Mi Spitzname isch gsi: Shisha. Auso: Wasserpfiife. Aber e schweife ab.)

Uf jede Fau beni de im Vorfäud me go schlau mache, i de Hoffnig, dass das minere Red wird häufe:Wie sie d’Kabarett-Täg entstande, vo wem und werom und sowieso?! Wenn mini Recherche stimme, denn isch de Grönder vo de Kabarett-Täg e gwösse Jean Corni. Salopp besser bekannt aus de Corni, Jean.

Är hett unbekannterwiis s’erste Festival 1988 mitbegröndet. Luut em Mythos isch de Corni, Jean grosse Fan gse vo Gwörzgurke. Wenner ned wiiter gwösst hett und a de Wäut schier verzwiiflet isch, hetter i Chüehschrank gluegt, es Gurkeglas vöregnoh und d’Gurke drin i auer Rueh verzehrt.

Är heig immer gseit: Wenn s’Läbe di agurkt, gönn der es Cornichon. Für ehn isch s’Cornichon meh gse aus e Gurke. S’isch es Symbol gse. Jedesou, wenn er e Gurke gässe hett, hett er sich chli weniger trurig gfühlt und das hett ehn zom Lache brocht. Mit jedere Gurke usem Essig, hetter gmeint, es-sig e chli besser. Und us dem Gedanke use, hetter d’Kabarett-Täg gröndet, schliesslich si Gurke gsond, genau wie s’Lache ou. Frei nachem Motto: A Gurke a Day keeps the Apple away which keeps the doctor away.

Das isch ou de Grond, werom’s i Sandwich Gurkene hett, das hett me nämlich a de erste Kabarett-Täg etabliert. Im Sandwich hetts ke Gurke, wöu sie fein si, im Gägeteil, sondern wöu si störe – das isch mini Meinig, s’gett nüüt Grusigers aus e Gurke imene Sandwich. Aber das isch genau de Sinn! E Gurke muess onagnähm si. Sie muess störe. So wiene gueti Kabarettistin, e guete Kabarettist muess störe. E guete Kabarettist muess de Mächtige und Böse ufhocke. Und s’ehne eifach ned eifach mache.

S’beste Bispöu isch de frischkürti Cornichon-Priisträger, de Mike Müller. Är isch eine, wo unagnähm cha si, wo seit, waser dänkt, uf de Bühni, i de Medie, uf Twitter. De Mike Möuer isch [und ig hätti nie dänkt, dassi das mou werde säge] e richtig geili Gurke. Und de Kabarett-Priis für ehn längst öberfällig! Ned vergäbe isch de Mike Möuer zwöifache Prix Walo Pristräger. Zwöi Prix Walos! De George Clooney hett nedemou eine! E be öberzüügt devo, de Mike chönnt jedi Roue spelle und s’wörd glorios. Jo, de Mike Möuer chönnt i Erotikföume mitmache und es wörd en Erfoug wärde, Stichwort: Der Begatter.

Was vöu Lüüt ned wösse, de Wäg zo sim Cornichon isch in Trimbach g’äbnet worde. Es Stöck wiit ou vo mer. De Mike Möuer isch nämlich, und das isch wörklich wohr, woner no bi Viktors Spätprogramm gse isch und bevor är so richtig bekannt worde isch, es Johr lang Ushöufslehrer a de Oberstufe z’Trimbach gse. Miner Klass hetter Gschicht gäh. Die erste zwöi, drü Woche z’erst no seriös, denn immer lockerer und immer meh zo Witze ufgleit.

Eg gloube, die Erfahrig us Lehrer hett am Mike Möuer si Erfoug erst möglich gmacht, wahrschiinlech wird är sich dänkt ha: S’Künstlerläbe isch hert, undankbar und brotlos, aber immer no besser aus Lehrer z’si. Jetzt starti aus Könstler döre, schlimmer chas ned wärde. Me cha säge, mer si ned nor zo ehm id Schueu, sondern gwössermasse är ou betzeli zo üs.

Är hett mer dör sini Art bibrocht, Wösse loht sich am beste vermittle, wenn me dezue cha lache. Lache schafft Bewosstsii. Schafft Verständnis. Lache regt zom Dänke a. D’Wäut wird doch ohni Glächter schlächter. Lache macht us trist Trost. Us happig happy. Im Usdrock Lustig steckt s’Wort Lust. Aues andere wäri doch glacht. Eg säge immer: «Es Läbe ohni Humor wär wienes Chind, wo dusse öbernachtet… Es liit nid drin.»

Das isch doch das, was me cha mache gäge die herrschendi Ohnmacht i dene melan-komische Ziite: Lache! Grad ou öber sich säuber, es duet so guet. Mer si doch aui lächerlich. Eg gloube, de Mönsch isch denn am beste, wenn är mit andere Mönsche gmeinsam debatiert und dänkt und lacht. Wenner ned stuur uf sini Meinig beharrt, sondern sich ustuuscht. Und merkt: es gett verschedeni Asichte. Aues hett zwöi Sitte. Osser s’Wallis, das hett nor eis Sitte.

Genau das schaffe d’Kabarett-Täg. Do chonnt me zäme, luegt sich intelligänti Vorstöuige a, tuuscht sich nächäne dröber us, und böudet sich dör das e Meinig.

Es isch doch so: Du chasch ned die Mächtige eigehändig vom Thron stosse, du chasch ned d’Grosskonzärn im Elleigang dra hindere dass si us purer Lust ar Gwönnoptimierig ehri Arbeiterschaft und de Planet usbütte, du chasch ned ellei d’CO2-Emissione sänke, oder verhindere dass de Elon Musk für 44 Milliarde Twitter chouft. (Guet, eg ha mer zwar öberleit, eg wörd gärn es Gäge-Agebot unterbreite und be jetzt am Spare. Eg lo nächäne de Huet lo omegoh. E be momentan bi 47 Franke 80. Das heisst es fähle mer no: 43 Milliarde, 999 Millione, 999 Tuusig, 953.50. Bitte sitt grosszögig, s’chonnt guet.)

Nei, du chasch nüüt mache, wenn in Russland eine Vladimir-nichts-dir-nichts arrogant oben ohne uf sim Ross rittet, wiene Chippendale mit Midlife Crisis, z’obe im Kreml gnüsslich sis Tyrann-isue verzehrt und mit rotem Chopf de roti Chnopf aluegt und debi no gloubt, är siggi de Atomar-tyrer. Du chasch nüüt mache, gäge eine, wo öber Liiche goht und sich eifach nimmt, was är wott. Wo seit: «I have a Krim». Und wenig spöter isch sie anekdiert. Dezue chonnt, Autokrate und Despote si ungloublich onhöflich. Sie chöme zom Bispöu ou nie pönktlich. Es heisst jo: De-Spot.

Nei, me cha diräkt nüüt mache, gäge au die Egomane. Aber was mache chasch: Du chasch satirisch gäge obe trätte. Die Mächtige mächtig närve. Ehne uf d’Finger luege und – ebbe jo – öber sie lache.

E gloube, das isch das, was d’Kabarett-Täg chöi leiste. D’Kabarett-Täg wärde d’Wäut rette, schliesslech heisse sie jo Kaba-RETT-Tage. Wenn ou nor im Chliine. D’Kabarett-Täg mache üs aui zo bessere Mönsche.

Scho ei Vorstöuig vo de Kabarett-Täg längt und usere oninteressierte, onwössende, und onbehoufne Person wird en ufklärte Bürger. Es brucht nur ei Vorstöuig vo Flegel zu Hegel, vo Prolet zu Prophet, vom Unhold zum Held. (Jede vo üs chane Höud si, för me esch en Höud jo öpper, wos schafft, s’Abstimmigscouvert ufzriise, ohni dass es kapott goht.)

D’Kabarett-Täg zeige: Mitem Cornichon kämpfsch gäge s’Böse uf de Wäut! Mit Gurken gegen Schurken. Mer bruche ned Friedenstuube, mer bruche Friedensgurke. Osserdem mache Gurke schön, ned nor aus Schiibe uf de Ouge. Studie hei zeigt: Kabarett-Täg-Bsuecher*inne wärde aus intelligänter, charmanter und attraktiver wohrgnoh. Das hani uf Wikipedia gläse… nachdem igs säuber dört hänegschriebe ha.

Jo, d’Kabarett-Täg böudet ehri Bsuecher*inne. On zwar vo Jong bes aut. Guet, vo nömm-ganz-so-jong, bes aut. Ganz under üs, Kabarett hett jo in Sache Publikum es Nachwuchsproblem. Der wösst jo, wie me under de Kabarettiste en 50-jährige Kabarett-Zueschouer nännt? Jung.

Kabarett isch e mächtigi Form. Wenn in Russland, oder China kritischi, kabarettistischi Kunst konsumiersch, wersch verhaftet. Das cha me sich bi üs gar ned vorstöue. Guet, i säutne Fäu gett’s das ou i de Schwiiz. Zom Bispöu de Pierin Vincenz isch ou is Gfängnis cho wäge Kabarett-Bsüech.

Kabarett, das isch e Läbensistöuig. Das hett scho de Jean Corni erkönnt. Wenn Schwangeri gsehsch Gwörkgurke ässe, denn isch das im Fau ned, wöu sie gfräsig si, nei, das isch kabarettistischi Früehförderig! So wird scho de Fötus mitem Cornichon uf de Geist vo de Kabarett-Täg igstimmt. Apropos Chind: Wenni mou eis sett ha, de nännis zu ehre vo de Kabarett-Täg Cornichon. Cornichon Ziegler, was füre Name! «Das si mini Chind: Peter, Lena und Cornichon.» «Das isch aber e komische Name?!» «Jo, e weiss, aber mini Frou hett unbedingt Peter wöue.»

Uf d’Frog: Dörf me i dene Ziite lache? Isch d’Antwort: Nei, me dörf ned, me muess. Z’Lache, das isch ned bloss e Form vo Eskapismus. E Form vor Ablänkig, om sich ned müesse uf s’Wäsentliche z’konzentriere. Nei, Lache isch e Form vo Hautig. Wär lacht, dä zeigt schliesslich Zähn. Und de Mächtige d’Zähn zeige isch das, was die Witzfigure dört obe verdient hei.

Wär weiss, vellecht füehrt jo meh Kabarett zo meh Wösse, meh Wösse zo meh Engagement und meh Engagement zonere bessere Wäut, wo ned vor die Hunde goht. Und denn wird das ou ned die letschti Turmred i de Gschicht vo de Kabarett-Täg oder sogar de Mönschheit gse si. Sondern de Afang vomene neue Afang.

Und wenn mer aus Mönsche, trotz auem, doch sette undergo, de immerhin miteme Lache im Gsicht.

I dem Sinn: Eg wönsche euch aune zäme wunderbari, unvergässlichi, beriicherndi und vor auem lustigi Kabarett-Täg. Hebe Sorg zunanend. Make Love, not War. Oder wie’s uf Schwiizerdüütsch heisst: Mach Liebi, ned wohr.


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