Wie lebt es sich als Fussgänger in Olten?
Es gibt Sprichwörter, die gelten für die Ewigkeit, und es gibt solche, die müssten gelegentlich dem Lauf der Zeit angepasst werden. «Wer keinen Kopf hat, der hat Beine» ist so ein Beispiel. Wenn es nach dem Verband Fussverkehr Schweiz geht, müsste die neue Form heissen: «Wer Kopf hat, der hat Beine». Der Verband der Fussgänger setzt sich seit Mitte der 1970er-Jahre für die Bedürfnisse des Langsamverkehrs ein. Der Rückenwind blies in der Verbandsgeschichte wohl nie so heftig wie in der heutigen Zeit. Niemand wird die Vorteile des Autos verneinen wollen. Doch für die gegen Ende des letzten Jahrtausends Geborenen ist das Auto zunehmend bloss ein praktischer Nutzgegenstand geworden, um schnell von einem Ort zum anderen zu gelangen. Der Lack des früheren Vorzeigeobjekts und glänzenden Symbols für den sozialen Status blättert.
Auf den Status der Fussgänger hat sich der Trend zum Langsamverkehr bisher jedoch wenig ausgewirkt. Niemand brüstet sich damit, seinen Wocheneinkauf zu Fuss zu erledigen. Doch vielleicht sind Schrittzähler-Apps auf unseren Handys und der englische Begriff «Walkability» Vorboten für den kommenden Boom des Fussgängertums. Die Zukunft wird es zeigen. Fakt ist, dass Fussgängerinnen zahlenmässig zur stärksten Gruppe im Verkehr zählen.
Oltens Walkability im Fokus
Mit der Erhebung GEHsund – Städtevergleich Fussverkehr wird ein Projektteam der Umweltschutzorganisation umverkehR, der Hochschule für Technik Rapperswil und dem Verband Fussverkehr Schweiz die Fussgängerfreundlichkeit in kleineren Städten wie Olten, Frauenfeld und Thun sowie in Agglomerationsgemeinden prüfen und einander gegenüberstellen. Der Vergleich von fünfzehn Gemeinden soll Potenziale aufzeigen und Hinweise geben, wie diese nutzbar gemacht werden können.
Doch welchen Stellenwert hat der Fussverkehr für die Stadt Olten, die Mitglied bei «Fussverkehr Schweiz» ist? «Der Fussverkehr ist die ‘Maschine’, die den öffentlichen Raum attraktiv macht und Begegnungen ermöglicht. Ohne Fussverkehr gibt es keine Aufenthaltsqualität», sagt Stadtplaner Lorenz Schmid. Auch der gesundheitliche Aspekt sei nicht zu vernachlässigen. Aus der Forschung wisse man, dass die medizinisch relevante Gesundheit weniger im Vereinssport erarbeitet wird, sondern im Individualsport und allem voran in der Alltagsbewegung. «Bei der anstehenden Ortsplanung ist die Fuss- und Velonetzplanung fester Bestandteil», so Schmid. Die Resultate der Erhebung sollen in die Planung einfliessen.
Um die Daten zur Fussgängerfreundlichkeit zu erheben, soll voraussichtlich im kommenden Sommer eine Begehung stattfinden. «Wir machen der Stadt einen Vorschlag für eine Route. Sie muss repräsentativ sein, einen Querschnitt der Situation darstellen, so dass wir nicht nur die schönsten Spazierwege in Augenschein nehmen können», sagt Veronika Killer von umverkehR. Die Stadt könne im Anschluss ihre Inputs zur vorgestellten Route anbringen. Weiter wird die Bevölkerung mittels einer Onlinebefragung zur Zufriedenheit in Sachen Fussgängerfreundlichkeit befragt. Drittes Element der Untersuchung ist ein Interview mit den Verantwortlichen der Stadt, bei dem es herauszufinden gilt, wie die Verwaltung und Politik mit dem Thema umgehen. «Uns interessiert unter anderem, ob bereits ein Fussverkehrskonzept existiert und welche Fördermassnahmen in der Vergangenheit getroffen wurden», so Killer.
Im Fall von Olten existiert ein Langsamverkehrskonzept aus dem Jahr 1999, das 2009 aktualisiert wurde und verschiedene Massnahmen für den Velo- und Fussverkehr enthält. Ziel der aktuellen Erhebung ist es, ein ganzheitliches Bild der gegenwärtigen Situation zu zeichnen. Die Resultate sollen 2022 präsentiert werden.
Trennung von Fuss- und Veloverkehr
In einer ersten Phase wurden sechzehn grössere Schweizer Städte untersucht. Die Ergebnisse hätten gezeigt, dass es deutliche Defizite in der Infrastruktur und beim politischen und planerischen Umgang mit dem Fussverkehr gebe, heisst es in einer Mitteilung von umverkehR. Im Schlussbericht der ersten Phase (PDF) werden Empfehlungen kommuniziert, wie die Fussgängerfreundlichkeit verbessert werden kann.
Beispiele sind eine Trennung der Infrastruktur für Fuss- und Veloverkehr, kürzere Wartezeiten an Querungen und die Schaffung einer Fachstelle Fussverkehr in der städtischen Organisation. Während der Fussverkehr in grossen Städten immerhin einen gewissen Stellenwert als Verkehrsmittel geniesse, bestehe jedoch besonders in Agglomerationsgemeinden die Gefahr, dass die Grundmobilität des Gehens in Vergessenheit gerate, heisst es von Seiten der Projektverantwortlichen.
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wenn ich von der Mühlegasse Richtung Rötzmatttunnel-OSW gehen möchte, erkenne ich keinen Weg für Fussgänger
In der Tempo 20 Fussgängerzonen wird der Autoverkehr zu wenig überwacht (Radar), da sieht man oft haarsträubende Tempis, vorallem im Bereich Wangener Vorstadt bis Hammer, wo es sehr viel Fussgängerquerungen gibt. Das hat zugenommen (Abkürzungsfahrten), seit man den Banhofquai Richtung Aarburg wegen der Baustelle gesperrt hat.
Jedes Mal, wenn ich als Fussgänger durch die Stadt spaziere, erhalte ich den Eindruck, die Stadt wurde für die Autos geplant und nicht für die Menschen. Ich denke aber, man hat diese Problematik zumindest teilweise erkannt und will diese mit gezielten Massnahmen angehen. Denn wie in diesem Artikel beschrieben ist, trägt der Langsamverkehr zur Attraktivität einer Stadt bei.
Ja, man spürt tatsächlich eine gewisse Motivation und einen neuen Anspruch an die Gestaltung diesebezüglich anhand der neuen Beispiele wie Schützi/Mühlegasse (neue Brückengestaltung/Bäume/Zugänge) und Baslerstrasse (Verbreiterung Trottoir/Bäume). Fühlt sich gleich anders an! Was mir kürzlich extrem positiv aufgefallen ist und dessen Wirkung mich überrascht hat, war die Entfernung des Zaunes beim FC Olten-Feld zur Strasse hin. Eindrücklich wie sich das Gefühl und die Wahrnehmung verändern können rein nur durch die simple Entfernung einer eigentlich transparenten Absperrung/Trennung! Manchmal brauchts nicht viel,…