Zukunftsmärkte für die Mitte
Nicht einmal Trendforscherinnen besitzen eine Glaskugel, in denen sie die Zukunft klarsehen könnten. Ich bin kein Medium und habe weder Pendel noch Karten. Meine Zunft bemüht sich aber darum, genau zu beobachten. Wir übersetzen «schwache Signale» der Zukunft in Trends. Wir beschreiben, was in den nächsten Jahrzehnten zu- und abnehmen könnte. Die Märkte der Zukunft entwickeln sich dort, wo durch ökologische, wirtschaftliche, medizinische, gesellschaftliche und politische Trends neue Bedürfnisse entstehen beziehungsweise sich bestehende verstärken. Die drei hier besprochenen Märkte der Zukunft befinden sich nicht nur in der Mitte. Die künftige Mitte ist vernetzt und sie produziert für die ganze Schweiz, für Europa, Tokyo und New York. Die Mitte muss gross denken, will sie ihre Potenziale entfalten.
Vegan – Pflanzen statt Tiere
Tierische Produkte geraten aus drei Gründen unter Druck: Erstens zeigt uns die gegenwärtige Pandemie auf dramatische Weise, dass an den Schnittstellen der Lebensräume von Mensch und Tier Gefahren lauern – im gerodeten Dschungel genauso wie im landwirtschaftlichen Grossbetrieb. Zweitens ist Fleisch extrem ressourcenintensiv. Die Fleischproduktion braucht sehr viel Wasser und belastet das Klima durch CO2-Aussstoss. Schliesslich stören sich immer mehr Menschen am Leid der Tiere und fordern Rechte für diese ein. Die Zukunft vegan zu denken, heisst, die Landwirtschaft kleiner und pflanzenorientierter zu denken. Pflanzliche Varianten für Milchprodukte und Fleisch sind gefragt. Das Leder der Zukunft stammt von Pilzen. Die Mitte könnte eine Vorreiterrolle einnehmen und an diesen Zukunftsprodukten forschen – und damit frühzeitig den hohen Steuern aus dem Weg gehen, die einst auf Fleisch und CO2-Ausstoss erhoben werden.
Neue Interfaces – Die Zukunft des Internets
Die Digitalisierung wird weitergehen – auch in und für die Mitte. Durch die Corona-Hygienemassnahmen wie Contact-Tracing und QR-Codes, aber auch durch die «Sehnsucht» nach neuen Daten, die sich zum Beispiel in unserer Stimme und unserem Gesicht verstecken, entsteht ein Bedürfnis nach neuen Interfaces. In Zukunft greifen wir nicht mehr nur mit unserem Smartphone auf das Internet und seine Informationen zu. Es werden Geräte und Anwendungen wichtiger, bei denen wir mit unserer Stimme und Gesten durch das World Wide Web surfen. Podcasts gewinnen weiter an Bedeutung. Wird es schon bald Soziale Medien geben, die rein stimmbasiert funktionieren? Sollte die Mitte hierzu ein innovationsförderndes Laboratorium gründen? Ebenso vielsprechend sind Anwendungen der Augmented und Virtual Reality. Werden intelligente Brillen und Kontaktlinsen unser Leben verspielter, verrückter machen?
We Health – Die Gesundheit der Gesellschaft
Ein dritter Zukunftsmarkt ist die Gesundheit der Gesellschaft. Man kann sie sehr datenbasiert denken. Als Pionierin könnte die Mitte die Aare täglich auf mitschwimmende Medikamente, Drogen und Viren überprüfen. Im Bahnhof würde sie vermessen, wie schnell wir gehen, ob wir gestresst oder glücklich dreinschauen. Die Mitte könnte die Gesundheit der Gesellschaft aber auch ganz anders angehen und in ihre Parks und Schwimmbäder investieren – damit wir draussen gratis an Fitnessgeräten unseren Rücken stärken und für wenig Geld am Sonntag in eine schöne Saunalandschaft gehen können. Zur Gesundheit gehört gute, frische Ernährung. Warum kann man am Bahnhof Olten kein frisches Gemüse von den Bäuerinnen aus der Region kaufen, warum kein Gipfeli geniessen, das nicht von einer riesigen Kette angeboten wird? Vermutlich ist eine solche Präsenz am Bahnhof nur möglich, wenn sich viele kleine Anbieter zusammenschliessen. Wer initiiert und moderiert dieses Zusammenkommen?
Welchen Zukunftsmarkt fändest du für die Region Olten sehr geeignet und warum?
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Vielleicht wäre es nützlich, das Pulver nicht nochmals erfinden zu wollen, sondern sich urbane Strategien der – sehr nahen – Vergangenheit zu überlegen.
So gab und gibt es zum Beispiel in umliegenden Ländern die Institution der offenen – aber trotzdem gedeckten – Märkte, welche die Menschen im mehr oder weniger nahen Umfeld mit den Gütern des täglichen Bedarfs, insbesondere mit Lebensmitteln – versorgen.
Bleiben wir in Olten. Seit Jahrzehnten – zusammen mit Freunden hatte ich die Ehre, zu jenen zu gehören, die den Munzingerplatz z.B. mit Ideenwettbewerb in den Siebzigern umnutzen wollten (der Erfolg war, wie ersichtlich, umwerfend) – wird der Munzingerplatz falsch genutzt. An dieser Stelle keine Philippika gegen den motorisierten Verkehr (alles zu seiner Zeit), sondern nur ein paar konstruktive Gedanken.
Warum also, so die Idee, nicht einen gedeckten Markt – eine Markthalle, wie sie z.B. im Frankreich des 19. Jahrhunderts in jeder kleinen und grossen Stadt entstanden – auf dem Munzingerplatz errichten? (Zumal absehbar ist, wann die Grossverteiler ihre aus Sicht der Gewinnmaximierung zu gering gewordenen Filialen auf dem linken Aareufer schliessen werden.) Ein Dach, eine windgeschützte, ventilierte und nach Bedarf geheizte Halle, minimale Infrastruktur für Sanitär, Energie, Kommunikation.
Teilnehmer wären nicht nur die Marktfahrer, Gemüseproduzenten, Metzger, Fischhändler, Käsehändler usw. aus Olten und der Region, sondern auch Kunsthandwerker usw. und Gastronomen, die sieben Tage die Woche diesen einmaligen Platz buchstäblich “bewirtschaften”.
Und der Wochenmarkt? Würde wie eh und ja auf dem unbenannten Platz, der eine Gasse ist, stattfinden.
Ach so, noch dies: Betreiber/Vermieter wäre natürlich die Stadt Olten, die für einen gerechten Mix und anständige Mietpreise zu sorgen hätte.
Es bräuchte wenig, um viel Leben zu schaffen. http://www.freystefan.ch
Du darfst dich freuen über eine baldige, neue Kolt-Kolumne, die erste des “Studio Olten”. Wir verknüpfen Teile deines Anliegens mit dem Vorhaben “Renovation/Anbau/Wettbewerb Kunstmuseum”. . . bin bereits gespannt auf dein feedback!