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Am Hausbrand die Finger verbrannt

Erst knisterte das Feuer, dann rauschte der Wasserstrahl der Feuerwehr über den Brand. Die Lokalzeitung musste das dritte Aufglimmen löschen, nachdem sie Gerüchte kolportiert hatte. Und: Über den Zustand des Medienkonzerns, zu dem das Oltner Tagblatt gehört.
21. März 2021
Autor: Yann Schlegel, Illustration: Roger Lehner

Weisse Rauchschwaden. Und das gleich zwei Mal innerhalb einer Woche. Am gleichen Ort. Ein Haus der alten Häuserzeile an der Ziegelfeldstrasse. Da, wo ein Aarauer Architekturbüro eine grosse Überbauung mit 60 Wohnungen plant. Wo Rauch ist, da ist Tele M1 nicht fern. «Brandstiftung?» In der Nachbarschaft brodelt die Gerüchteküche und das Regionalfernsehen gibt ihr nur zu gerne eine Stimme. Am Tag darauf springt auch das Oltner Tagblatt auf den Zug auf. «Brandstiftung oder nicht?», warf die Lokalzeitung jene Frage auf, die sich womöglich auch die Polizei gerade stellte. Spoiler: Nein, die Zeitung hatte die Antwort darauf nicht. Aber sie mutmasste, ob den Investoren durch den Brand ein Vorteil im hängigen Gestaltungsplan-Verfahren erwachse.

Tags darauf musste die Zeitung auf Druck der Eigentümerschaft der Häuserzeile eine «Präzisierung» publizieren. Wobei präzisieren tat sie auf den gedruckten Zeilen wenig. Über eine Anwaltskanzlei liessen die Investoren ausrichten, dass sie sich von den Gerüchten distanzieren. Und sie ziehen eine Strafanzeige gegen Unbekannt in Erwägung. Wer sich an solchen Beiträgen die Finger verbrennt, lehrt wohl seine Lektion. Na gut, Tele M1 wird sich treu bleiben. Das bringt ihnen nun mal hohe Einschaltquoten. Mit Boulevard haben sie Erfolg.

Erfolg?

Den hatte auch das Medienunternehmen CH Media, zu welchem das Oltner Tagblatt gehört (und im Übrigen auch Tele M1). Die düsteren Nachrichten zur Lage der Medienlandschaft dominieren – fast ein wenig analog zur alltäglichen Medienberichterstattung. Manchmal kriegt man das Gefühl, die Medienhäuser sagen nicht so gern, wenn es ihnen gut geht. Und wer schreibt darüber, wenn nicht sie? Darum tun wir’s: CH Media hat 2020 einen Gewinn von 22,8 Millionen Franken geschrieben. Da mögen sich einige etwas die Augen reiben (ich zum Beispiel). Vor allem wenn man bedenkt, dass der Konzern mit rund 2000 Angestellten in der Kurzarbeit war und seit neuestem wieder ist.

Aber den Term «Erfolg» gilt es zu relativieren. Der Umsatz ging um 7 Prozent zurück. Die Geschäftsleitung zeichnete letztes Jahr noch ein rabenschwarzes Bild. «Per Mitte des Jahres wird ein mittlerer zweistelliger Millionenbetrag in der Kasse fehlen», liess sich CEO Axel Wüstmann bei persoenlich.com zitieren. Obwohl uns Corona bis heute im Griff hat, kam es bei CH Media weniger schlimm als befürchtet. Der Fallschirm des Bundes wirkte: Ohne Kurzarbeit hätten im Medienkonzern Entlassungen gedroht. Was die Dividenden betrifft, geht CH Media als Beispiel voran und verzichtet für letztes und dieses Jahr auf eine Ausschüttung. Hoffentlich hilft der Gewinn mit, dass der Konzern auch weiterhin in den Journalismus investiert.

Was sonst lesenswert ist:

Der Oensinger Kuno Blaser ist bekannt für seine pointierten Kolumnen. Diese Woche schrieb er vom gigantischen Bell-Parkhaus und unserem Pendlerleben.

Wir haben die Wernli einfach gernli. Doch jetzt gehen sie endgültig von dannen und ziehen ins Luzernische, im Frühjahr 2022 wird der Umzug vollendet sein. Trimbach ohne Wernli – irgendwie unvorstellbar. Am Platz der Traditionsfirma entsteht – Überraschung! – eine grossangelegte Überbauung mit 153 Wohnungen.


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