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Den Block schliessen

Nach dem Beschluss des Parlaments zum Kunstmuseumsneubau wurde zu Jahresbeginn der Architekturwettbewerb lanciert. Das Studio Olten hat sich dazu seine Gedanken gemacht – und sieht Potenzial für mehr.
21. Januar 2021
Text: Studio Olten, Bilder: Kolt

Lassen wir für einen kurzen Augenblick die Debatte, ob es in Olten ein (neues) Kunstmuseum braucht, ausser Acht. Nehmen wir gedanklich vorweg, dass wir uns in Olten ein zeitgemässes, neues Museum leisten möchten, und seien wir davon überzeugt, dass dieses sehr zentral liegen soll. Richten wir unseren Fokus daher auf die angedachte Umsetzung des Vorhabens. Anfang des Jahres hat die Stadt nun das Verfahren zum selektiven Architekturwettbewerb gestartet. Dies, nachdem das Parlament im letzten Jahr den entsprechenden Kredit gesprochen und damit der Verwaltung den Auftrag erteilt hat. Das neue Museum soll demnach an der Kirchgasse 10 Platz finden, im denkmalgeschützten Gebäude also, welches bisher als Naturmuseum diente. Damit das Raumprogramm fürs künftige Kunstmuseum untergebracht werden kann, muss das Gebäude aber mit einem Anbau hin zum Munzingerplatz beziehungsweise Platz der Begegnung erweitert werden. Das bisherige Gebäude des Kunstmuseums an der Kirchgasse 8 soll umgenutzt oder ersetzt werden. Was auf den ersten Blick naheliegend erscheint, nämlich den Anbau im «Hinterhof» beim Parkplatz zu setzen, kommt bei näherer Betrachtung vielleicht etwas «unmotiviert» daher und scheint eher von Opportunismus als von Strategie getrieben – unter dem Motto «da hat’s Platz, da kommt er hin».

Welches Potenzial bietet aber diese wichtige innerstädtische Lage? Erzielt die für Olten doch ansehnliche Investition von 14 Millionen Franken für das neue Kunstmuseum eine angemessene Wirkung?

Man darf sich zu Recht fragen, ob oder inwiefern mit dem bisher eingeschlagenen Weg die richtigen Weichen gestellt werden. Ist diese Art von Erweiterung mit dem Anbau auf dem Munzingerplatz städtebaulich wirklich schlüssig?

Projektvorhaben des ausgeschriebenen Wettbewerbs

Das Projekt Kunstmuseum sollte mehr als einen neuen Kunstraum schaffen. Dies ist nur schon angesichts der veranschlagten Investitionen in der Höhe von 14 Millionen Franken und den um ein Mehrfaches höheren Folgekosten für Betrieb und Unterhalt angezeigt. Solche Mittel «nur» für die Kunstvermittlung und -bewahrung auszugeben, ist in Anbetracht der Vielseitigkeit öffentlicher Aufgaben sowie den finanziellen Rahmenbedingungen der Stadt wenig nachhaltig und zu hinterfragen. In Olten bieten sich zudem wenig Gelegenheiten, innerstädtische Flächen zu entwickeln und damit den Forderungen des Bundes einer «Siedlungsentwicklung nach innen» nachzukommen. Der Munzingerplatz ist einer dieser wenigen Orte in Olten in städtischem Besitz. Dieser wird heute als versiegelter Parkplatz genutzt und ist aus ökonomischer Perspektive damit wenig effizient – und wenig attraktiv. Ein Politikum, welches seit ewiger Zeit der Klärung bedarf. Und mit dem geplanten Erweiterungsbau für das Kunstmuseum werden die städtebaulichen Weichen weiter gestellt, was die Entwicklungsmöglichkeiten dieser innerstädtischen Fläche betrifft.

Visualisierung der Idee «Neubau Kirchgasse 8 und Blockrand um den Munzingerplatz»

Eine Entwicklungsmöglichkeit, die sich anbietet, wäre ein L-förmiger Neubau, welcher den Block «Munzingerplatz» schliessen würde. EG und erstes OG könnten das neue «Haus der Kunst» beherbergen. Es gäbe Raum, in dem sich eine Museumsnutzung einfacher und damit günstiger als in einem Altbau realisieren liesse. Flexibel in der Raumeinteilung und betrieblich effizient. Das Volumen gäbe einerseits der Westseite der Stadtkirche ein starkes Gegenüber, andererseits würde zwischen Neubau und Wangner Vorstadt, Haus der Museen und Kirchgasse ein innerstädtischer Raum entstehen, der für mehr als nur Fasnacht und Chilbi dienen kann. Die Parkplätze würden geopfert; dies nimmt aber nur die Zukunft der autofreien Innenstadt vorweg, welche in ein paar wenigen Jahrzehnten sowieso Realität wird. In den Obergeschossen würde gewohnt. Wohnen im Stadtzentrum ist ein Konzept, das die Stadt bereits für das Gebäude an der Kirchgasse 8 ins Auge gefasst hat und dem sowieso mehr Fläche zugesprochen werden sollte. Die Ansiedlung von Wohnen ist eine wirksame Massnahme, um eine (Innen)Stadt zu beleben, und steht dabei ganz im Zeichen einer zukunftsfähigen Stadtentwicklungspolitik (kurze Wege, hohe soziale Dichte, gemischt genutzte Innenstadt). Hierzu trägt auch der öffentlich zugängliche Innenhof bei. Dieser ist begrünt, nicht versiegelt und mit grosskronigen Bäumen versehen – eine innerstädtische Oase, welche auch einen Beitrag zu einem guten Stadtklima leistet.

Durch diesen Neubau würden die Gebäude an der Kirchgasse 8 und 10 nicht für ein neues Kunstmuseum gebraucht und könnten so anders genutzt werden. Auch hier könnte in den Obergeschossen gewohnt werden, dadurch liessen sich die Erdgeschosse durch Mieteinnahmen quersubventionieren und als multifunktionale öffentliche Räume nutzen, betrieben durch die Stadt. Es könnten aber auch die Bibliotheken oder ein Kindergarten einziehen. Die Möglichkeiten sind mannigfaltig.

Visualisierung der Idee «Blockrand um Munzingerplatz»
Ansicht Richtung Stadtkirche, links das Haus der Museen

Sicherlich wären die Investitionen in diesen Neubau deutlich höher als 14 Millionen Franken. Nur würden diesen Investitionen Erträge in Form von Mieteinnahmen gegenüberstehen. Diese könnten wiederum in Form von Betriebsbeiträgen an das «Haus der Kunst» oder andere öffentliche Aufgaben und Angebote in der Innenstadt verwendet werden. Und wenn die Stadt lieber keine Wohnungen an guten Lagen selber erschaffen und besitzen möchte, bietet sich die Möglichkeit eines Baurechts an einen Investor an; die Stadt behält den Boden und nimmt auf Jahrzehnte Zinsen ein. Man muss nur wollen.

Sollte das neue Kunstmuseum jedoch wie jetzt vorgesehen in der Kirchgasse 10 untergebracht werden, sollten zumindest die zusätzlich notwendigen Räume in einem attraktiven Ersatzneubau am Standort des heutigen Kunstmuseums geschaffen werden. Beispielsweise mit einem multifunktionalen Foyer auf Strassenniveau (was hier im Gegensatz zur Hausnummer 10 möglich wäre), welches sich sowohl zur Kirchgasse wie auch dem neuen Platz hin öffnet und diese zwei Bereiche stärker verbindet. Und nebst der zentralen Adresse des Museums wäre auch dies ein vielseitig bespielbarer Raum zur Unterstützung von Anlässen in der Innenstadt. Auch dadurch könnte der städtebaulich fragwürdige Anbau vermieden werden.

Altbau versus Neubau bei Museen
von Michael Bertschmann

Museen in Altbauten sind geschichtlich bedingt an der Tagesordnung; meist sind die Häuser der Institutionen bereits mehrfach erneuert oder erweitert worden. Üblicherweise treten die oft tiefschürfenden bautechnischen Klimmzüge dank ansprechender Architektur in den Hintergrund. Im Falle eines Museums fordert alleine der hohe Öffentlichkeitsgrad und damit die Personenbelegung kompromisslose Entfluchtungskonzepte, andererseits volle Behindertengerechtigkeit. Für eine zukunftsfähige, flexible Bespielung sind Strukturen hilfreich, welche veränderbare Räume und passende Erschliessungswege zulassen. Schwere Exponate erfordern von der Gebäudestatik hohe Einzellasten und durchgehende Logistikwege. Bei einem Kunstmuseum wird aus konservatorischen Gründen eine hohe Klimastabilität sowie ein optimal kontrollierbarer Tageslichteinfall angestrebt, was entsprechende Anforderungen an Gebäudetechnik, aber auch Fassaden stellt.
Es mangelt nicht an guten Beispielen, wie sämtliche Anforderungen jeweils überzeugend umgesetzt werden konnten. Doch die Frage nach der Verhältnismässigkeit sollte immer gestellt werden, gerade wenn sich durchaus auch die Option eines Neubaus anbieten könnte.

Michael Bertschmann war zuständig für die Ausführungsplanung des Erweiterungsbaus des Kunstmuseums Basel und involviert in die Sanierung des Landesmuseums Zürich.

Studio Olten
Das Studio Olten beobachtet (kritisch) die städtebauliche Entwicklung von Olten und erlaubt sich hie und da selber Vorschläge, welche als Anregung einer vitalen Diskussion dienen sollen. Das Studio setzt sich zusammen aus Michael Bertschmann (dipl. Architekt FH), Christian von Büren (M. Sc. Urban Management) und Matthias Sigrist (dipl. Ing. FH Bauprozessmanagement) und damit aus Fachleuten aus den Bereichen Architektur und Städtebau, Areal- und Immobilienentwicklung sowie Urban Management und der Stadtökonomie mit Erfahrungen aus Tätigkeiten bei der öffentlichen Hand, Bundesbetrieben und der Privatwirtschaft. 


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