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Die New Yorker und ihre Hunde

New York ist zurück! Die Menschen strömen in Restaurants, für die sie eine Woche im Voraus eine Reservation getätigt haben, die Parks sind voll und Konzerte finden sowohl draussen wie auch drinnen wieder statt. Neben den Menschenmassen ist auch das typische Bild der Hunderudel begleitet von einer gut organisierten Hundeführerin zurück. Schon vor der Pandemie war ich erstaunt über die unzähligen Hunde, die fest zum Stadtbild gehören.
1. Juli 2021
Text und Fotografie: Anna-Lena Schluchter*

In New York leben die Menschen bekannterweise in kleinen Wohnungen, oftmals in Wohngemeinschaften. Die Parks sind zwar grosszügig, aber richtige Natur sieht für mich etwas anders aus. Wo die deutsche Bulldogge oder der Bernhardiner Platz haben, war mir immer schleierhaft.

Wie auch in anderen Teilen der Welt haben die Stadtbewohnerinnen während der Pandemie tausende von Hunden (und wohl auch einige Katzen) gekauft und aus Tierheimen adoptiert. In meinem direkten Umfeld haben nun tatsächlich vier Leute einen Hund. Junge New Yorker in ihren Zwanzigern, die (in zwischenmenschlichen Beziehungen) möglichst ungebunden bleiben und die Welt bereisen wollen, haben Hunde. Diese Hunde geniessen das beste biologische, manchmal auch vegane Futter des neusten Hundestartups und werden vom Hundesitter zu Playdates auf den Hundespielplätzen und in die Hundekrippe geschleppt. 

Die über 600’000 registrierten Hunde New Yorks zeigen sich in allen Grössen, Farben und Formen und sind mindestens genauso divers und vielfältig wie die menschlichen Einwohner der Stadt. Wie bei Restaurants, Kleidern, Haarschnitten und allem anderen beobachtet man aber auch bei den Hunden gewisse Trends. Corgis und Dachshunde scheinen neben dem Evergreen der französischen Bulldogge (die beliebteste Hunderasse der Stadt) das Hundeinventar zumindest in Manhattan und den hippen Teilen Brooklyns seit kurzem etwas aufzumischen. 

Die Anzahl präsenter Hunde und die Dominanz gewisser Rassen dienen oftmals als Indikator, um die Gentrifizierung eines Quartiers zu verstehen oder vorherzusagen.

Wenn die Designerwelpen Einzug halten, sind die steigenden Wohnungspreise oftmals nicht mehr weit. Die Hunderassen werden Teil der Identität eines Viertels und sagen etwas über den Ort und die Menschen aus, die sie mit nach Hause nehmen.

Wenn die Immobilienpreise in einem Gebiet steigen, neigen Hunderassen dazu, kleiner und teurer zu werden. Laut dem städtischen Department für Gesundheit und Hygiene führt in den Quartieren Chelsea, East Village, Financial District, Tribeca und in Williamsburg die französische Bulldogge die Beliebtheitsliste an. Jack Russells, Corgis und Labradoodles (eine Kreuzung aus Labrador und Minipudel) sind der Bulldogge dicht auf den Fersen. Der Labrador Retriever dominiert in den familiären Nachbarschaften Park Slope und Upper East Side. Bestimmte traditionelle Rassen bleiben aber dominant, wie der Pitbull in bestimmten Teilen von Brooklyn und der Rottweiler in der Bronx.

Jetzt, nach dem Ende der Pandemie, scheinen aber doch einige neue Hundebesitzerinnen überfordert und die Anzahl Hunde in Tierheimen steigt wieder leicht an. Zu den No-Name-Strassenmischungen gesellen sich nun zunehmend auch kapriziöse Windhunde und traurige Bulldoggen.

Ob Designerrasse oder nicht, ich finde es spannend, die Beziehung zwischen New Yorkern und ihren Hunden zu beobachten. Vor meinem Umzug nach New York war ich von der Einteilung in Katzen- und Hundemenschen nicht überzeugt. Über die letzten Jahre hat sich aber meine Identität als Katzenmensch definitiv bestätigt. Während der Pandemie hatte ich sogar kurz überlegt, eine Katze zu adoptieren. Aber eine Katze ohne Auslauf scheint mir doch etwas unfair – und zu haarig. Vielleicht während der nächsten Pandemie.

*Anna-Lena Schluchter (31) ist in Olten aufgewachsen und lebt seit zwei Jahren in New York, wo sie als Peacebuilding Officer für die UNO arbeitet.


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