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«Es war wie über Bord zu fallen und im offenen Meer schwimmen lernen zu müssen»

Lili Manzanedo und Vicente Sutter wuchsen in Schönenwerd und Niedergösgen auf und lernten sich in Olten kennen. Derzeit nimmt das Rap-Duo in Bern Liebefeld beim Oltner Produzenten und Musiker Ramon Bischoff seine erste EP auf, die am 21. Mai erscheinen soll. Wir haben mit Lili gesprochen.
7. Mai 2021
Text: Isabel Hempen, Fotografie: Claude Hurni
Vicente Sutter und Lili Manzanedo sind LViento.

Lili, ihr nennt euch «LViento». Wofür steht euer Bandname?

Lili Manzanedo: El viento bedeutet Wind auf Spanisch. Er ist für uns das Element, das alles in Bewegung hält. Er wirbelt nicht nur in der Natur alles auf, sondern ordnet auch in uns drin alles neu. Als wir unser Projekt während der Coronazeit starteten, glich jegliches musikalische Schaffen einem Segelschiff, das auf hoher See zum Stillstand gekommen war. Es brauchte einen starken Wind, um wieder vorwärtszukommen.
Ein schönes Detail ist auch, dass die Initialen unserer Vornamen in «LViento» enthalten sind. Es war also auch eine Art Wortspiel.

Eure erste EP wird den Titel «Naufragio» tragen, also Schiffbruch. War der Wind zu stark?

Wir hatten vorher beide im stillen Kämmerlein Tagebücher und sehr persönliche Texte geschrieben. Als wir nun unsere Gedanken gemeinsam zu Papier brachten, merkten wir, wie viele Zweifel und unbeantwortete Fragen wir hatten, auf die wir endlich Antworten haben wollten. Wir nahmen unsere Gefühle plötzlich auf eine ganz neue Art und Weise wahr, es war wie über Bord zu fallen und in diesem offenen Meer voller Fragen, Zweifel und Ängste schwimmen lernen zu müssen.

Wieso singt ihr auf Spanisch?

Spanisch ist neben Deutsch unsere Muttersprache und wir fühlen uns mit unseren spanischen, peruanischen und venezolanischen Wurzeln sehr verbunden. Als wir uns kurz vor dem Lockdown in Olten bei einem gemeinsamen Freund kennenlernten, hatte ich meine E-Gitarre dabei. Ich spielte ein wenig, Vini jammte dazu ein paar Sätze auf Spanisch. Ich hatte bis dahin noch nie Rhymes auf Spanisch geschrieben, und Rap war überhaupt etwas Neues für mich. Vini inspirierte mich dazu, Spanisch zu texten.
Wir sind auch der Meinung, dass es in der Schweizer Hip-Hop-Szene genug Platz hat für spanischen Rap – und vor allem für Frauen, die leider immer noch in der Unterzahl sind.

Ihr nennt euer Genre Poetic Rap.

Mit Ausnahme unserer rockig angehauchten ersten Single «In My Dreams» sind die Songs auf der EP trotz mancher Pop-Elemente in den Beats deutlich dem Rap-Genre zuzuordnen. Wir nennen unsere Spielart Poetic Rap, da wir über Tiefgründiges schreiben und in den Rhymes Gefühle zeigen. Die E-Gitarre, oft mit einem Delay integriert, soll das Verletzliche unterstreichen.

Wovon handeln die Songs?

Die aktuellen Songs handeln von spiritueller Weiterentwicklung und der Suche nach dem eigenen Platz auf dieser Erde. Sie thematisieren die Auseinandersetzung mit sich selbst, also mit Körper, Geist und Seele. Auch die Spuren, die Liebesbeziehungen in uns hinterlassen haben, spielen eine Rolle: Nostalgie, Enttäuschung, Verbundenheit, Dankbarkeit.

Wie wird es für euch weitergehen?

Nach dem Release der EP «Naufragio» wollen wir Musikvideos dazu veröffentlichen, die gerade in Bearbeitung sind. Danach gehen wir unsere zweite EP an. Ein paar weitere Singles stehen ebenfalls in den Startlöchern. Wir streben an, bis Ende des Jahres genug Songs für ein Album zu haben. Im Sommer möchten wir eine kleine Promo-Tour durch die Schweiz machen. Und falls Corona es zulässt, wollen wir natürlich live auftreten. Ein passendes Label zu finden wäre auch toll.


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