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«Mare»: Ausbruch – im Kleinen?

Filmtage daheim. Auch das lebt sich ganz gut. Die 56. Solothurner Filmtage brachten dieses Jahr etwas Farbe ins Wohnzimmer. Ein Film, der herausstach: «Mare».
30. Januar 2021
Text: Yann Schlegel, Fotografie: zVg

Wenn Solothurner Filmtage sind, dann schält der Küchengehilfe in der Traditionsbeiz «Kreuz» gerne mal 50 Kilogramm Kartoffeln an einem Tag und die Gassen der Barockstadt füllen sich mit Menschen. Dieses Jahr blieb die spezielle Atmosphäre weg. Die Filmtage kamen ins Wohnzimmer. Und vielleicht wirkten sie dieses Jahr noch stärker auf uns als sonst. Sie liessen uns für kurze Zeit der Gegenwart entrücken, indem sie uns Geschichten erzählten.

Die Geschichte kann einfach und trotzdem ergreifend sein. Das beweist Andrea Štaka mit ihrem Film «Mare», der vor einem Jahr an der Berlinale Premiere gefeiert hatte und nun an den Solothurner Filmtagen den Prix de Soleure gewann. Dies, nachdem er im vergangenen Jahr durch Corona bedingt viel zu rasch von der Bildfläche verschwunden war. «Bei jedem Film sage ich, ich mache etwas ganz anderes. Aber eigentlich geht es immer um Identität und die Frage, wer man selbst ist, wo man hin will», sagte Regisseurin Andrea Štaka nach der Premiere in einem Interview gegenüber SRF.

In allen drei Spielfilmen der Schweizer Regisseurin mit kroatischen Wurzeln war die Schauspielerin Marija Škaričić beteiligt. «Ich wollte einen Film für Marija schreiben, weil ich finde, dass sie viel öfters auf die Leinwand gehört», sagte die Regisseurin. Und so dreht sich in ihrem neusten Filmprojekt alles um Mare. Eine Frau, Mitte 40, mit Familie – Mann und Kinder. «Das ist eine Phase, in der die Kinder älter werden, in der man sich fragt, wo man selbst steht», sagt Andrea Štaka. Auch sie kenne diese Situation, so die Regisseurin. Sie selbst und Hauptdarstellerin Marija Škaričić hätten viel Persönliches in den Film mit reingegeben. An der Berlinale war die Schauspielerin nach der Premiere gefragt worden, was sie von Mare verkörpere. Da sagte sie: «Im Moment habe ich das Gefühl: alles Für das Publikum bringt dies ein authentisches Filmerlebnis mit hoher Intensität. Der Betrachter kann sich mit der Hauptfigur identifizieren und fühlt Mares Sehnsüchte nach.

Die Jury des Prix de Soleure würdigt Mare als «Spielfilm, der aussieht wie ein Dokumentarfilm oder die Realität selbst, aber überhöht zu einer existentiellen Wahrheit». Der Film tut dies, indem er aus ungewohnter Nähe Mares Gefühlswelt zeigt. Eine Welt, die sich zwischen Familie und dem in ihr wachsenden Drang nach Freiheit und Selbstbestimmung bewegt.

Am Stadtrand der kroatischen Touristenhochburg Dubrovnik führt die Familie ein einfaches Leben. Die Flugzeuge donnern über das Haus. Der Sohn steckt mitten in der Pubertät. Mare ist jene herzliche Mutter, wie jeder sie sich wünscht. Doch sie hintersinnt ihre Lebensrolle. Auf der Suche nach sich selbst verführt Mare den polnischen Gastarbeiter Piotr (Mateusz Kosciukiewicz). Ein Neuanfang oder zurück ins «alte» Leben? Bald muss auch Mare sich dieser Frage stellen.

Die Jury der Solothurner Filmtage wünscht dem Film in ihrem Communiqué «eine neue Chance auf den grossen Leinwänden», nachdem der Lockdown den Film abrupt stoppte. Kolt schliesst sich diesem Wunsch an. «Mare» ist im Übrigen gleich in drei Sparten für den Schweizer Filmpreis 2021 nominiert («Bester Spielfilm», «Bestes Drehbuch» und «Bester Ton»).


Was war dein Höhepunkt der Solothurner Filmtage?

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