Skip to main content

New Yorks neuer Bürgermeister kriegte meine Stimme nicht

USA, New York City. Anfang November wählten die New Yorkerinnen einen neuen Bürgermeister. Er heisst Eric Adams. Eine wirkliche Überraschung war dieses Resultat nicht, denn die Sache war eigentlich nach der demokratischen Vorwahl anfangs Juli, an der Eric Adams zum demokratischen Bürgermeisterkandidat gewählt wurde, geritzt.
10. November 2021
Text und Fotografie: Anna-Lena Schluchter*

Dass der republikanische Gegenkandidat Curtis Sliwa die Bürgermeisterwahl in der demokratischen Hochburg New York gewinnen würde, war äusserst unwahrscheinlich. Trotzdem konnte der stadtbekannte Gründer der Bürgerpatrouille Guardian Angels (Schutzengel) in seinem roten Béret 29 % der Stimmen für sich beanspruchen.

Lediglich knapp 20 % der 5,6 Millionen registrierten New Yorker Wähler haben bei dieser Wahl ihre Stimme abgegeben. Der Grund für die tiefe Wahlbeteiligung scheint auf den wenig kompetitiven Charakter dieser Wahl zurückzuführen zu sein.

Ich habe auch nicht gewählt – weil ich nicht konnte. Im Frühjahr war der Wahlkampf unter den demokratischen Anwärtern auch als Nichtstaatsbürgerin zu spüren und ich fand es jedes Mal ziemlich traurig, wenn ich den motivierten Kampagnenhelferinnen sagen musste «I can’t vote here». Klar, meine berufliche Situation sieht es nicht vor, dass ich mich hier längerfristig niederlasse, sondern irgendwann mal weiterziehe. Aber gleichzeitig will man sich ja doch zugehörig und zuhause fühlen in der neuen, wenn auch temporären Heimat. Als ziemlich politisierte Person ist mir bewusst, dass die politische Mitsprache auf lokaler Ebene stark dazu beiträgt, ob ich mich an einem Ort heimisch fühle oder nicht.

Die meisten Expats in New York – definiert als Personen, die ausserhalb ihres Heimatlandes leben – sehen sich als mobile, temporäre Besucher und interessieren sich nicht stark für die Lokalpolitik, da die sie kaum betrifft. Das finde ich schade und irgendwie auch etwas absurd. Ich wäre gerne näher an den lokalpolitischen Diskussionen und auch ohne Wahlrecht wäre es toll, bei einigen Fragen mitzudiskutieren.

Umgekehrt profitiere ich regelmässig von der gut organisierten Zustellung meiner Schweizer Wahlunterlagen und gehöre zu den aktiv wählenden Auslandschweizerinnen. Dabei muss ich aber gestehen, dass mir zunehmend ein wenig der lebendige politische Austausch zu den Wahlthemen fehlt. Ich bin zwar täglich mit der Schweiz in Kontakt, aber ab und zu macht sich doch eine gewisse Distanz bemerkbar. Und so finde ich mich manchmal etwas zwischen den Welten, was die politische Mitsprache angeht.

Eric Adams steht vor einer ganzen Reihe an Herausforderungen, da die grösste Stadt des Landes mit den anhaltenden Folgen der Pandemie zu kämpfen hat, darunter eine prekäre und ungleiche wirtschaftliche Erholung und anhaltende Bedenken hinsichtlich der Kriminalität, Polizeireform und der Qualität des Stadtlebens, die alle von starken politischen Meinungsverschiedenheiten geprägt sind.

Ich bin gespannt zu sehen, wie der 110. Bürgermeister diese Herausforderungen ab dem ersten Januar angehen und wie sich die politische Situation im Land generell weiter entwickeln wird. Eins ist klar: New York und Olten stehen ganz oben auf meiner Liste, was politische Updates angeht.

*Anna-Lena Schluchter (31) ist in Olten aufgewachsen und lebt seit zwei Jahren in New York, wo sie als Peacebuilding Officer für die UNO arbeitet.


Schreiben Sie einen Kommentar