Preisfragen
Es ist nichts Neues und wird sich wohl auch nie ändern: Bürgerliche mögen keine hohen Steuern, während für Linke eine gute städtische Infrastruktur im Vordergrund steht. Darüber streitet sich der Basler Grossrat genauso wie die politische Elite New Yorks – oder eben das Oltner Parlament.
Bei uns geht es ums Budget für das eben angebrochene Jahr.
Debatten via Kommentarfunktion
Kolt hat im Herbst umfangreich über die umstrittene städtische Finanzplanung berichtet. Hauchdünn hatte das Stadtparlament damals den linken Vorschlag angenommen, der für 2022 eine Steuererhöhung vorsieht.
Es geht konkret um eine Erhöhung des Steuerfusses – um zwei Prozentpunkte für Privathaushalte und um zehn Prozentpunkte für Unternehmen. Dies, nachdem der Kanton Solothurn 2020 die Gewinnsteuern für grössere Unternehmen als Folge der Unternehmenssteuerreform drastisch gesenkt hat (auch darüber hat Kolt berichtet). Das wiederum sorgt für zunehmende Defizite in den Stadtfinanzen. In diesem Kontext ist der Sprung von 10 Prozent für Unternehmen weniger einschneidend, als er auf den ersten Blick scheinen kann.
Am 13. Februar stimmt die Oltner Stimmbevölkerung also über das Budget 2022 ab. Und damit über die Steuererhöhung. Um wie viel mehr Steuern es für die einzelne Bewohnerin geht, das hat Kolt im November ausgerechnet. Fazit: Weder Privatpersonen noch Unternehmen werden unter dem Strich viel stärker zur Kasse gebeten. Aber ein wenig halt schon.
Unsere Leser kommentierten die Berichterstattung umfangreich. «Die Stadt hat ein Ausgaben- und kein Einnahmenproblem», steht da. Oder: «Mit Steuererhöhungen gewinnt Olten keine zusätzlichen Steuerzahlenden». Bekannte Namen aus den Kreisen der Oltner FDP kritisierten via Kommentarfunktion die linke Vorlage scharf.
Was bedeutet das alles konkret? Für Stimmberechtigte und Steuerzahlerinnen? Was hilft, um sich am 13. Februar für oder gegen die Vorlage zu entscheiden?
Wir haben uns einen Überblick über die Hauptargumente und Streitpunkte geschaffen. Und nachgefragt, wo wir nicht weiterwussten.
These 1: Olten braucht eine Steuererhöhung für notwendige Investitionen.
So das Votum der linken Mehrheit im Stadtrat. Es stehen Investitionen an, die Olten durch sein Sparprogramm in den letzten Jahren vernachlässigt habe. «Die geplanten Investitionen sind wichtig und wertvoll für unsere Stadt, weil sie Olten lebenswerter machen», sagt Martin Räber, Gemeindeparlamentarier der Grünen.
Konkret geht es um mehrere grosse Bauprojekte: etwa die Schulbauten Kleinholz und Frohheim, das Kunstmuseum, ein neuer Bahnhofplatz, die Attraktivierung des Ländiwegs, die Fussgängerverbindung Hammer. Und auch bestehende Bauten müssen instandgehalten werden. Rund 18.5 Millionen Franken möchte die Stadt 2022 investieren.
Zumindest zwei Projekte sind unbestritten: Die Stimmbevölkerung hat die Schulanlagen Kleinholz bewilligt, der Ländiweg ist bereits in Umsetzung. Rund 10 Millionen werden dafür im kommenden Jahr gebraucht; in den Folgejahren natürlich noch mehr.
Und die restlichen 8.5 Millionen? Kann die Stadt da nicht etwas sparsamer sein? Ist Steuernerhöhen wirklich nötig?
«Es ist wichtig zu sehen, dass über alle grösseren Investitionen entweder das Stimmvolk oder das Parlament entscheiden wird», sagt Benvenuto Savoldelli, Stadtrat und Finanzdirektor von Olten. «Der Stadtrat entscheidet hier nicht über die Köpfe der Stadtbewohnerinnen hinweg, sondern schlägt Projekte vor. Oft erhalten diese viel Zuspruch – zu einem neuen Bahnhofplatz etwa sagt kaum jemand nein. Aber wenn man sich etwas leisten will, dann kostet das auch.»
Der Vorwurf, die Stadt solle sparsamer sein, müsse immer im Lichte aller Interessen gesehen werden: «Es gibt enorm viele Interessensgruppen in einer Kleinstadt wie Olten. Schlägt man vor, die Stadthalle abzureissen, wehren sich die Sportvereine. Beim Stadttheater die Kultur. Sogar als der Stadtrat das Oltner Krematorium schliessen wollte, weil es in Aarau jetzt ein grösseres und modernes gibt, war die Gegenwehr gross.»
Sparsamer zu sein sei somit leichter gesagt als getan, so Savoldelli.
These 2: Olten braucht keine Steuererhöhung, sondern weniger Ausgaben.
Urs Knapp und Nico Zila von der FDP Olten sind anderer Meinung. Kann Kultur nicht auch ganz ohne Förderung entstehen? Und brauchen tolle Begegnungen immer ein perfektes Aussenraumkonzept? Diese und andere Fragen stellt sich Nico Zila, Präsident der FDP-Fraktion im Gemeindeparlament, in seinem Kommentar auf unseren Artikel. Auch FDP-Gemeindeparlamentarier Urs Knapp findet, die Stadt müsse sich auf Investitionen fokussieren, die die Stadtentwicklung wirklich fördern.
Kurz: weniger ausgeben statt Steuern erhöhen.
Wir haben die beiden gefragt, wie sie das machen würden. «Es ist ein Trugschluss, dass Olten nur attraktiv ist, wenn man möglichst viel Geld ausgibt», sagt Nico Zila am Telefon.
«Der Finanzplan ist eine Wunschliste. Der Stadtrat hat alles reingepackt, was er gerne machen würde, und will dann Steuern erhöhen, um das zu ermöglichen. Aus meiner Sicht müsste man umgekehrt vorgehen: Schauen, was sich die Stadt leisten kann, und dann planen.»
Und wo könnte Olten konkret sparsamer sein?
«Das muss bei jedem anstehenden Projekt neu ausgehandelt werden», findet Zila. «Ich persönlich habe bei Kunstmuseum und Stadthalle meine Vorbehalte, und auch bei Sanierungsarbeiten an der Badi wird man genau hinschauen müssen.»
Urs Knapp sieht bei der Diskussion über Projekte und deren Finanzierung grundsätzliche Probleme: «Mir fehlt besonders bei Abstimmungen über Investitionen eine klare Entscheidungsgrundlage», sagt er. Er findet, man spreche zu viel von neuen Projekten und zu wenig darüber, was diese tatsächlich kosten.
«Müsste man bei der Abstimmung über ein Bauprojekt gleichzeitig über eine Steuererhöhung abstimmen, wären die Resultate wahrscheinlich andere.» Der Stadtrat müsste hier klarer aufzeigen, wie vorgeschlagene Projekte finanziert werden sollen – im Parlament wie auch in den Abstimmungsunterlagen. Dann würde die Stadt automatisch effizienter haushalten, so seine Vermutung.
These 3: Die Stadt erwartet für 2021 ein viel besseres Resultat, als im Budget vorgesehen war. Damit wären die Kosten für Investitionen gedeckt, ohne die Steuern zu erhöhen.
Auch dieses Argument wird in den Kommentaren aufgeworfen. Nico Zila findet die vorgesehene Steuererhöhung umso unnötiger, als dass Olten in der Rechnung 2021 knapp 8 Millionen besser als budgetiert abschliessen wird: «Damit wären die fehlenden Beträge für das Jahr 2022 gedeckt, ohne an den Steuern zu schrauben.»
So einfach? Wir haben nachgefragt.
Nein, sagt Benvenuto Savoldelli. Es gehe nicht um den Gewinn, den die Stadt gemacht hat, sondern um die Frage, wie die anstehenden Investitionen bezahlt würden. «Die Verbesserung der Rechnung von letztem Jahr ist zu einem grossen Teil auf die Neubewertung des Finanzvermögens zurückzuführen. Das ist reiner Buchgewinn. Daraus fliesst aber kein Geld. Wir können damit keine Projekte finanzieren.»
Also doch nicht ganz so einfach.
Was wäre denn, wenn die Vorlage vor dem Stimmvolk scheitern würde? Müsste Olten dann auf seine Bauvorhaben verzichten?
«Nicht direkt im Jahr 2022», meint Savoldelli. Es würden vorerst keine geplanten Investitionen gestoppt. Die Stadt müsste sich jedoch im 2022 um 2.5 Millionen Franken – so viel würde mit der Steuererhöhung in diesem Jahr zusätzlich eingenommen – mehr verschulden. Und das könnte problematisch werden, weil die Pro-Kopf-Verschuldung im Fall Olten das Damoklesschwert ist: Sie muss unter einem Wert von 5000 Franken bleiben. Ansonsten droht ein Eingreifen durch den Kanton. «Ohne die Steuererhöhung wird Olten längerfristig sehr nahe an diesen Grenzwert kommen. Insofern stehen wir unter einem gewissen Druck.»
These 4: In Olten leben und arbeiten wird durch die Steuererhöhung zu teuer.
Wir wissen es alle: Olten hat zu viele leere Wohnungen. Und die bezahlen bekanntlich keine Steuern. Also braucht es Menschen, die nach Olten ziehen. Gibt es aber nicht genug – und mit Steuererhöhungen erst recht nicht, findet Kommentar-Autor Knapp. Diese würden einen Umzug nach Olten unattraktiv machen. Ganz besonders habe die Erhöhung um zehn Prozentpunkte für Unternehmen eine abschreckende Wirkung.
Stimmt das? Auch wenn die Zuzüglerin ihr Kind dank der höheren Steuern in eine attraktivere Schule schicken kann? Und könnte das Kleingewerbe nicht auch von einer lebendigeren Stadt profitieren?
Martin Räber, selbst KMU-Geschäftsleiter, hat dazu eine klare Haltung. «Mit der Steuererhöhung kann Olten definitiv aufgewertet werden, und davon profitieren Privatpersonen wie auch Unternehmen ungemein viel mehr, als dass sie verlieren», sagt er. Die tatsächlichen Erhöhungen seien marginal, wenn man die Beträge ausrechnet. «Unter dem Strich dienen die geplanten Investitionen allen.»
Auf der Suche nach Klarheit fragen wir einen Experten um Rat. Aber selbst Kurt Schmidheiny, Professor für Wirtschaftswissenschaften an der Universität Basel, kommt zum Schluss: «Es ist kompliziert, und es ist grundsätzlich. Mit den Steuern entscheidet eine Stadt auch ein Stück weit, was und für wen sie sein will.»
Trotzdem gibt es Anhaltspunkte, die die Wissenschaft liefern kann.
Grundsätzlich gilt: Ja, Steuererhöhungen können zu Abwanderung führen. Wenn ein Ort durch tiefere Steuern attraktiver wird, dann steigen aber wegen der grösseren Nachfrage die Wohnkosten – und sinken umgekehrt bei höheren Steuern. Im Resultat kann das den Effekt der Abwanderungen durch Steuererhöhungen wieder aufheben.
Dabei verhalten sich einkommensstarke Haushalte anders als einkommensschwache: Menschen mit hohen Einkommen werden von tiefen Steuern angelockt und von hohen Wohnkosten weniger abgeschreckt, bei Menschen mit tiefen Einkommen verhält es sich umgekehrt.
Zieht man jedoch die bessere öffentliche Infrastruktur in Betracht, so weicht sich auch dieser Effekt wieder auf. Zum Beispiel sind Haushalte mit hohen Einkommen tendenziell bildungsnaher und schätzen deshalb gute Schulen.
Welchen Einfluss nun ein schönes, neues Schulhaus und welchen eine geringfügige Steuererhöhung hat, ist also sehr schwer abzuschätzen.
Auch bei den Unternehmen gibt es keine einfache Formel. Schmidheiny verweist auf Studien, die aufzeigen, dass die Wichtigkeit eines Standortes einen grossen Einfluss haben kann darauf, wie örtliche Unternehmen auf Steuerveränderungen reagieren. Olten ist als Standort für Firmen relativ wichtig. Es sei damit gut möglich, dass sich die Stadt auch etwas höhere Unternehmenssteuern im Vergleich zum Umland leisten kann, ohne sofort Firmen zu verlieren.
Fazit: Es ist kompliziert
Es wird wieder einmal klar: Geht es um Finanzen, sind die Fronten verhärtet in der Oltner Politik. Welche Investitionen tatsächlich notwendig sind und mit welchen Mitteln sie finanziert werden sollen, sind politische Fragen, die polarisieren. Und die deshalb oft nicht so einfach zu beantworten sind.
Trotzdem bleibt festzuhalten: Der finanzielle Spielraum einer Kleinstadt ist begrenzt. Besonders wenn grössere Bauprojekte per Abstimmung bewilligt wurden. Viel mehr Geld auszugeben ist genauso schwierig, wie viel sparsamer zu sein. Schlussendlich geht es um Gewichtungen von einzelnen Projekten.
Es wird sich zeigen, ob sich die Stimmbevölkerung darüber ebenso uneinig ist wie ihre Repräsentation im Gemeindeparlament.
Was spricht für dich für oder gegen das Budget 2022? Braucht Olten die vorgeschlagene Steuererhöhung?
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KOLT stellt zu Recht fest: 18.5 Millionen Franken an Investitionen sind (bzw. wären) für 2022 geplant, davon für die beiden ausgereiften Grossprojekte zusammen rund 10 Millionen. KOLT stellt darum die Frage: “Und die restlichen 8.5 Millionen? Kann die Stadt nicht etwas sparsamer sein?”
Zu diesem Thema gibt es offensichtlich Informationsbedarf. Jede Gemeinde, jede Stadt muss werterhaltende Investitionen tätigen. Sie muss ihre Strassen, Trottoirs, Wege, Plätze in Stand halten, die Kanalisation, die stadteigenen Gebäude, die Schulhäuser, das Schwimmbad, die Sport-, die Park-, die Friedhofanlagen. Es gibt von den Fachverbänden (nicht von der Politik!) klare Vorgaben, wie dieser Bedarf zu berechnen ist: in Prozenten des jeweiligen Gesamtwertes aller Tiefbauanlagen bzw. aller Hochbauten. Ebenfalls zu den werterhaltenden Investitionen gehört der Ersatz von Geräten und Fahrzeugen, die ausgedient haben, und ein grosser Posten ist die Informatik (Ersatz Hard- und Software). Alles zusammen ergibt für Olten einen jährlichen Bedarf von rund 13 Millionen – wohlverstanden, bevor nur ein einziger Franken für NEU-Investitionen à la Schulhaus, Ländiweg, Generationenspielplatz oder Bahnhofplatz eingesetzt werden kann. In den Jahren seit dem “Finanztaucher” 2013 hat Olten allerdings meistens weniger als 10 Millionen pro Jahr für werterhaltende PLUS für Neuinvestitionen ausgegeben! Richtig erkannt: Man hat einen Wertverlust in Kauf genommen. (Es gibt Auswärtige, die sagen, dass man dies unserer Stadt ansehe …) Auch für 2022 ist zu wenig budgetiert: Was für die Werterhaltung geplant ist, ist weit von 13 Millionen entfernt. Olten hat einen riesigen Investitionsstau. Er wird uns noch Jahre im Nacken sitzen.
Von 2015 bis 2020, als dieser ehemalige Top-Steuerzahler die Rechnung von Olten nicht mehr positiv beeinflusste, schlossen die Jahresrechnungen von Olten mit gesamt 52.9 Mio. CHF Ertragsüberschuss und 45 Mio. CHF besser als budgetiert ab. Das ist auf das Jahr gerechnet ein Ertragsüberschuss von 9.6 Mio. CHF und um 8.9 Mio. CHF besser als budgetiert. In diesen 5 Jahren hat Olten die Nettoschuld um 49 Mio. abgebaut. Wir hätten in diesen 5 Jahren ohne eine weitere Verschuldung somit 86 Mio. investieren können.
Lieber Beat
Deine Rechnung stimmt teilweise. Ein grosser Brocken dieser Ertragsüberschüsse war in mehreren Etappen die Auflösung einer Schwankungsreserve, die Olten seinerzeit in den “fetten” Jahren vor 2012 aufbauen konnte, weil man so die Einzahlungen in den innerkantonalen Finanzausgleich tiefer halten konnte (wie das moralisch zu rechtfertigen ist, lasse ich mal offen). Seit der letzten kantonalen Steuerreform ist dieses Trickli nicht mehr erlaubt. Olten hatte aber auch mehrmals, zuletzt 2021, Ertragsüberschüsse als Folge von Buchungsgewinnen: Das wurde in den vergangenen Tagen x-fach klargestellt. Es bedeutet: Da taucht kein einziger Franken auf, der sich für eine Neuinvestition einsetzen liesse. Und dann gibt es einen weiteren Effekt, diesbezüglich stimmt dein Hinweis auf das verfehlte Potenzial: Jahr für Jahr sind die tatsächlich getätigten Investitionen um einiges tiefer als budgetiert gewesen. Das hatte zu einem kleineren Teil mit Verzögerungen wegen Einsprachen zu tun, zu einem grösseren Teil jedoch damit, dass die Stadt Olten das Personal nicht hat(te), um die ausführungsreifen Projekte zügig zu realisieren. Die Aufstockung ist längst und dringendst nötig, auch jetzt, mit den anstehenden Grossprojekten. Aber es ist bekanntlich politisch reizvoll, mittels Volksabstimmungen jegliche Stellenaufstockungen abzuwürgen. Um den Bogen abzurunden: Auch in jenen Zeiten, in denen wir Grossprojekte realisieren, dürfen wir die Werterhaltung nicht vernachlässigen. Es braucht dazu das Personal plus einen Mix aus Steuererhöhung und Geldanleihen. Ja, beides. Auch wenn die einen Zetermordio schreien: “Was, neue Schulden machen? Goht’s no? Auf Kosten künftiger Generationen?” Es sind witzigerweise dieselben, die schreien: “Was, Steuern auf Vorrat anheben? Goht’s no?”
Die Stadt Solothurn hat ein vergleichbares Budget und verzeichnet etwas höhere Ausgaben als Olten. Solothurn hat von 2014 bis 2021 insgesamt einen Gewinn von CHF 48.4 Millionen erzielt. In dieser Zeit hat die Stadt Firmen und Bewohner an diesen Gewinnen teilhaben lassen und die Gemeindesteuern für Firmen und Personen in 3 Schritten von 115 % auf 107 % gesenkt. Die Stadt Olten hat von 2014 bis 2021 mit CHF 46 Millionen Gewinn erzielt, welcher nur knapp tiefer ist als jener der Stadt Solothurn. Also auch hier wurden zu viele Steuern eingetrieben. Mit den fast gleichen Vorgaben hat die Stadt Olten die Steuern 2015 von 105 % auf 108 % erhöht. 2019 wurde eine weitere Erhöhung um 4 % von der Stimmbevölkerung abgelehnt. Trotzdem unterbreitet das Parlament, mit knapper Mehrheit, jetzt für das Jahr 2022 eine weitere Erhöhung um 2 % für Personen sowie unglaubliche 10 % für Firmen. Die Politiker hoffen auf eine Mehrheit dank ungleicher Opfersymmetrie. Aber Firmen bieten auch Arbeitsplätze und erhöhen die Lebensqualität unserer Stadt. Die Bevölkerung und Oltner Firmen müssen auch etwas von den erwirtschafteten Gewinnen bekommen – sie haben es schliesslich auch bezahlt.
Lieber Matthias
Der Grund, warum Solothurn die Steuern senken konnte, ist, weil sie ein Pro-Kopf-Vermögen haben. Das kam unter anderem dadurch zustande, dass die Stadt während Jahren einen substantiell höheren Steuerfuss hatte als Olten.
Olten hingegen hat nach wie vor eine Pro-Kopf-Verschuldung. Diese konnte zwar in den letzten Jahren reduziert werden, aber sie besteht nach wie vor und schränkt dadurch auch die finanzielle Handlungsfähigkeit der Stadt im Investitionsbereich ein.
Lieber Matthias
Bei der Einordnung der Erhöhung des Gemeindesteuerfusses für juristische Personen muss man berücksichtigen, dass der Gewinnsteuersatz des Kantons dieses Jahr von 4.7 Prozent auf 4.4 Prozent gesenkt wird. Die Gewinnsteuern eines Unternehmens berechnen sich bekanntlich aus Gewinnsteuersatz * Gewinnsteuerfuss.
Wenn wir also wissen wollen, was es für die Unternehmen bedeutet, wenn der Kanton seinen Gewinnsteuerfuss bei 100 Prozent belässt, und die Gemeinde den ihren von 108 Prozent auf 118 Prozent erhöht, dann sieht die Rechnung folgendermassen aus:
2021: Gewinnsteuer = Gewinn * 4.7 % * (100 % + 108 %) = 9.8 %
2022: Gewinnsteuer = Gewinn * 4.4 % * (100 % + 118 %) = 9.6 %
Das heisst also, die Gewinnsteuer (Kanton + Gemeinde) sinkt im 2022 für Unternehmen um rund 1 Prozent.
Das KOLT berichtet wie immer aus linker Warte. So nehmen sie das Argument, dass die Unternehmen dank der STAF massive Steuersenkungen erhalten haben und es kompensieren sollen. Da vergessen sie einmal mehr die halbe Wahrheit. Die STAF beinhaltete höhere Arbeitgeberbeiträge sowie höhere Vermögenssteuern. Anders gesagt, insbesondere Firmen mit hohen Personalkosten und tiefen Margen haben von der STAF nicht sehr stark profitiert. Gerade in unserem Kanton hat es eher solche Firmen.
Lieber Matthias
Dass die AHV-Beiträge steigen, hat mit der Veränderung der Altersstruktur unserer Bevölkerung zu tun. Die Beiträge steigen für Arbeitgeber wie Arbeitnehmer im gleichen Mass, und zwar überall in der Schweiz. Eingeführt wurde die Erhöhung zusammen mit der Gewinnsteuerreform, inhaltlich besteht jedoch kein Zusammenhang.
Aus den höheren AHV-Beiträgen abzuleiten, dass es den Unternehmen daher zusteht, weniger Steuern zu zahlen, finde ich schwer nachvollziehbar.
Zudem zahlen die Firmen ihre Steuern ja so oder so, nachdem sie die Löhne und Abgaben bezahlt haben. Das heisst, durch höhere AHV-Beiträge sinken automatisch auch die Steuern.
Guten Tag Tobias
Da du ja der Themenführer auf Eurer Seite bist und KOLT das jeweils übernimmt, empfehle dir einmal zu lesen, wie die Umsetzung der STAF im Kanton Solothurn aussieht. Es ist das Ergebnis eines Kompromisses von Links bis Rechts, nachdem beide Seiten einsehen mussten, dass ihre Lösungen nicht mehrheitsfähig waren. Diese Kompromisslösung beinhaltete nicht nur Steuersenkungen.
Die Unternehmenssteuerreform auf Stufe Bund und Kanton beinhaltete weitere Zuschläge auf Lohnsummen und höhere Steuern für Firmenbesitzerinnen. Unter dem Strich bleibt bei vielen Unternehmern nichts mehr von den Steuersenkungen übrig. Die Belastungen sind sogar höher als vor der Steuerreform.
So mussten die Unternehmen und ihre Besitzerinnen mit der STAF folgende Zusatzbelastungen übernehmen, welche auch anfallen, wenn die Unternehmen keine Gewinne erzielen:
• Erhöhung AHV-Beiträge um 0.15 % der Bruttolohnsumme
• Erhöhung FAK-Beiträge um 0.15 % der Bruttolohnsumme
• Erhöhung Dividendenteilbesteuerung bei Bundes-, Kantons- und Gemeindesteuern von 60 % auf 70 %
• Erhöhung kantonale/kommunale Vermögenssteuer um 30 % ab 1 Mio. Franken von 1.0 ‰ auf 1.3 ‰
Mit Annahme der kantonalen Steuervorlage wurden auch die tieferen Gewinnsteuersätze für kleine und mittlere Unternehmen mit Gewinnen bis zu 100’000 Franken beseitigt. Vor der Steuerreform wurden im Kanton Solothurn Gewinne bis 100’000 Franken tiefer besteuert als Gewinne über 100’000 Franken.
In Olten erzielten im Steuerjahr 2019 (Stand Veranlagung vom 23.11.2021) 451 Unternehmen oder 40 % aller juristischen Personen keine Gewinne. Die grosse Mehrheit von 513 Unternehmen oder 45 % erzielte Gewinne bis 100’000 Franken. 188 Unternehmen oder 16 % erzielten Gewinne über 100’000 Franken.
Konkret bezahlten vor der STAF in Olten Unternehmen mit Gewinnen bis 100’000 Franken 16.25 % effektive Gewinnsteuern, Firmen mit über 100’000 Franken Gewinn hingegen 21.28 %. Ab dem 1. Januar 2022 bezahlen alle Unternehmen (bei einem Steuersatz von 108 %) – unabhängig von der Höhe des Gewinns – 15.32 % Gewinnsteuern. Wenn der JP-Steuersatz nun von 108 % auf 112 % angehoben wird, bezahlen Unternehmen, die vor der STAF in Olten 16.25 % bezahlt haben, neu 15.45 %. Wenn der Steuersatz auf 118 % angehoben wird, bezahlen diese Unternehmen neu 15.63 %.
Zusätzlich hat das kantonale Steueramt mit der Einführung der STAF eine neue Praxis bei der Bewertung der Bemessungsgrundlage eingeführt, welche eine mittel- und längerfristige Glättung der Steuerbelastung verhindert. Beispielsweise wurden die Abschreibungssätze verschlechtert und werden wesentlich weniger Rückstellungen für zukünftige Investitionen erlaubt – dies führt zu einem höheren steuerbaren Gewinn. Unter dem Strich erfahren so insbesondere eigentümergeführte Unternehmen mit Gewinnen bis 100’000 Franken höhere Steuern und Abgaben als vor der Steuerreform, selbst wenn der Steuersatz auf Ebene Gemeinde nicht erhöht wird.
Gemäss dem Kantonal-Solothurnischen Gewerbeverband sind schätzungsweise 60 % bis 70 % dieser KMU Einzelfirmen, welche nach den Tarifstufen der natürlichen Personen besteuert werden. Diese oft kleinen Unternehmen waren von der Pandemie besonders betroffen. Dazu kommt, dass aufgrund der Corona-Krise viele, vor allem kleinere und mittlere Firmen um ihr Überleben kämpfen. Sobald sie wieder Gewinne erzielen, müssen sie zuerst ihr Eigenkapital wieder aufbauen. Nur so können sie sich für künftige Krisen wappnen, aufgeschobene Investitionen tätigen und Arbeitsplätze erhalten. Steuererhöhungen für Unternehmen sind in den nächsten Jahren nicht nur falsch, sondern auch unverantwortlich gegenüber der Gesellschaft und der Wirtschaft. Von allfälligen Steuererhöhungen bei den natürlichen Personen sind Einzelunternehmungen betroffen.
Lieber Matthias
Ich bin froh, dass du das Thema aufbringst, dass viele Selbständige als natürliche Personen besteuert werden. Gerade diesen helfen wir, wenn der Steuerfuss für NP nur 2 % erhöht wird anstelle von 4 %. Für ein kleines KMU hingegen, das als juristische Person besteuert wird und 50’000 Gewinn erzielt, beträgt die Mehrbelastung durch die 10 % Erhöhung des Steuerfusses CHF 157. Diese Steuererhöhung hat nun wirklich nur marginale Auswirkungen für KMU.
Die Verwaltung der Stadt Olten ist spitze bei den Planungskosten. Wir geben für Projekte massiv mehr als andere aus für die Planung, wobei Büros viel Geld verdienen, um Studien und Projekt-Präsentationen zu erstellen. Es fällt auf, dass sich auf linker Seite insbesondere Firmen für die Erhöhung stark machen, welche von diesen Deluxe-Planungen profitieren.
Erneut über 7 Millionen Gewinn hat unsere Stadt aus 2021 mitnehmen können. Es waren weit über 17 Millionen aus den vergangenen Jahren. Olten hat bereits hohe Einnahmen und kann viel investieren – mehr als andere Städte. Weil aber Olten eine sehr hohe Steuerbelastung im Vergleich zu Konkurrenzstädten (Aarau, Sursee, Zofingen, …) aufweist, ist es diesbezüglich wenig attraktiv. Wir haben also bereits hohe Steuern und machen Gewinn – es ist offensichtlich, dass sicherlich keine Steuern erhöht werden müssen. Und schon gar nicht um 2, respektive übertriebene 10 %; das ist völlig kontraproduktiv, denn so wehren wir Firmen ab, bei uns zu bleiben (oder zu uns zu kommen) – den Ausfall zahlen dann wiederum wir Oltnerinnen und Oltner. Ich freue mich indes auch auf das Schulhaus bei mir im Quartier, im Kleinholz, welches problemlos ohne die Steuererhöhung gebaut werden wird.
Lieber Philippe, es sind nicht 7 Millionen Gewinn, sondern rund 7 Millionen Differenz zum Budget, welches einen Verlust von rund 3.7 Millionen budgetierte. Ein grosser Teil davon basiert auf einer Wertbereinigung der Liegenschaften. Damit haben wir keinen Franken mehr zur Verfügung, um die Investitionen wie das Schulhaus zu finanzieren.
Lieber Raphael
Die Nettoschuld II in Franken pro Einwohner ist in Olten von 4’225 CHF im Jahre 2014 auf 444 CHF in 2020 gesunken. Mit der Jahresrechnung 2021 wird mit dem geplanten die Nettoschuld noch weiter sinken. Olten hat somit den Spielraum, um die beschlossenen Projekte ohne Steuererhöhung umzusetzen. (Quelle: gefin.so.ch)
Lieber Beat, ja, wir konnten die Schulden in den letzten Jahren reduzieren und uns Spielraum verschaffen. Der Finanz- und Investitionsplan zeigt aber deutlich auf, dass wir ohne Steuererhöhung an die maximal zulässige Verschuldungsgrenze vom Kanton gelangen. Wir haben heute eine Verschuldung – d. h. kein Geld vorrätig, um z. B. die Kosten für das Schulhaus von 36 Millionen CHF zu bezahlen. Dazu müssen wir uns leider wieder mehr verschulden und die Steuern moderat erhöhen, um handlungsfähig zu bleiben.
Weiter bedeutet ein positiver Abschluss nicht, dass wir Schulden reduzieren können. Erst wenn die Investitionen bezahlt wurden, zeigt sich in der Finanzierungsrechnung, ob es für einen Schuldenabbau reicht. Siehe dazu die Graphik im Budget 2022 auf Seite 5.
Lieber Raphael
Der Neubewertungsgewinn für 2021 wird bei rund 4.7 Millionen Franken liegen. Die Rechnungsverbesserung beträgt laut neusten Informationen über 7 Millionen Franken. Damit hat Olten alleine im Jahr 2021 bis zu 3 Millionen Franken reell mehr in der Stadtkasse als erwartet. Bis zu 3 Millionen Franken mehr, um die Investitionen zu finanzieren. Auch ohne Steuererhöhung.
Lieber Urs
Ja, das sind gute Nachrichten. Sie täuschen aber nicht darüber hinweg, dass wir die anstehenden Investitionen (z. B. Schulhaus mit Kosten von ca. 39 Millionen CHF) nur mit einer zusätzlichen Verschuldung finanzieren können. Diese Zahlen kennst du aus dem Finanzplan der nächsten Jahre. Mit dem Budget 2022 stellen wir die Weichen: Bezahlen wir unseren Anteil bereits jetzt oder schieben wir die Kosten in Form von höheren Schulden an die nächste Generation weiter?
Lieber Urs
Gewinn ist grundsätzlich etwas Gutes, erlaubt er uns doch Schulden abzubauen. Und das hat Olten auch getan in den letzten Jahren. Die Nettoschuld ist deutlich gesunken, das Eigenkapital von rund 86 Millionen auf 126 Millionen gestiegen von 2016 bis 2020.
Warum ist uns das gelungen? Ganz einfach, wir haben sehr wenig investiert und die Ausgaben stark zurückgefahren. Olten hat aber immer noch Schulden von rund CHF 1500 pro Kopf, während Solothurn ein Vermögen von CHF 5000 hat pro Bürger:in.
Da nun wichtige Investitionen anstehen, die die Attraktivität von Olten und damit auch den Ruf von Olten steigern, müssen wir vorsorgen. Also in die Zukunft schauen und uns fragen: Wollen wir riskieren, die Obergrenze von CHF 5000 pro Kopf Nettoschulden zu überschreiten und damit handlungsunfähig werden? Oder erhöhen wir die Steuern geringfügig für eine solidarische Investition in die Zukunft.
Wir sind übrigens auch mit 118 % für juristische Personen noch im guten Mittelfeld im Kanton und mit 110 % für natürliche Personen sogar Top 20.
Zur These 2 sagt Urs Knapp:
«Müsste man bei der Abstimmung über ein Bauprojekt gleichzeitig über eine Steuererhöhung abstimmen, wären die Resultate wahrscheinlich andere.» Der Stadtrat müsste hier klarer aufzeigen, wie vorgeschlagene Projekte finanziert werden sollen – im Parlament wie auch in den Abstimmungsunterlagen.
Nun wurde bei der Abstimmung zum Neubau der Schulanlagen Kleinholz ja exakt das gemacht. In den Abstimmungsunterlagen wurde aufgezeigt, dass für die Finanzierung voraussichtlich eine Erhöhung des Steuerfusses um 5-7 % nötig sein wird. Man hat die abstimmende Bevölkerung explizit darauf hingewiesen und diese hat die Vorlage mit über 70 % angenommen.
Sie sagen, die Steuererhöhung sei massiv und gefährde Wohlstand und Renten.
Ist das so?
Das Budget sieht eine Erhöhung der Gemeindesteuer für natürliche Personen um 2 Prozentpunkte von aktuell 108 auf 110 % vor. Dadurch generiert Olten rund 950’000 Franken mehr Steuereinnahmen jährlich und liegt im innerkantonalen Vergleich trotzdem immer noch deutlich unter dem Durchschnitt.
Bei einer natürlichen Person mit 60’000 Franken steuerbarem Einkommen (entspricht in etwa dem Durchschnitt in Olten) machen die 2 % Erhöhung bei den Gemeindesteuern gerade mal 85 Franken pro Jahr aus. Eine Familie mit zwei Kindern und einem steuerbaren Einkommen von 100’000 Franken würde zusätzlich 133 Franken zahlen müssen.
Klar tun auch 85 oder 133 Franken manchem Portemonnaie weh. Im Gegenzug kriegen wir dafür aber ein neues Schulhaus, einen Ländiweg zum Verweilen, einen neuen Bahnhofsplatz und allem voran eine Stadt, die funktioniert und auch in Zukunft finanziell nicht an der Wand steht.
Sie sagen, die Steuererhöhung belaste die juristischen Personen mehr als die natürlichen Personen.
Ist das so?
Bei den Gesellschaften wird der Gemeindesteuerfuss um 10 Steuerpunkte erhöht. Auf den ersten Blick mag dies viel höher erscheinen als die 2 % Erhöhung bei den natürlichen Personen. Bei dem Vergleich muss man jedoch berücksichtigen, wie die eigentlichen Steuern berechnet werden.
Zuallererst zahlt ein Unternehmen Steuern nur auf den Gewinn, also nur auf den Betrag, der nach dem Bezahlen aller Rechnungen, der Löhne, der Miete und nach den Investitionen und Abschreibungen Ende Jahr übrig bleibt. Gegen die Hälfte der in Olten gemeldeten juristischen Personen zahlen übrigens keine Gewinnsteuer, sind von den Erhöhungen also nicht wirklich betroffen. Das heisst aber nicht, dass diese Unternehmen für Olten nicht wichtig wären. Eine Firma muss nicht zwangsläufig einen steuerbaren Gewinn erwirtschaften, um zu “funktionieren”. Vielleicht hat die Firma in diesem Jahr gerade eine grössere Investition getätigt. Oder sie versteht sich selber gar nicht als gewinnorientiert und ist nach Abzug der Löhne von 15 Angestellten inklusive der AHV und weiteren Beiträgen ans Gemeinwohl zufrieden mit einer schwarzen Null. Dabei sind oft gerade jene Betriebe, die wenig bis gar keinen Gewinn erwirtschaften (Gastronomie oder Einkaufsläden) die, die eine Stadt mit ihrem individuellen Angebot attraktiv machen.
Aber zurück zu den “Erfolgreichen”: Beziffert sich der Reingewinn einer Firma zum Beispiel auf 60’000 Franken, müsste dieses Unternehmen trotz der happig wirkenden Erhöhung um 10 % gerade einmal 188 Franken zusätzlich an Olten zahlen.
Sie sagen, es sei eine Steuererhöhung auf Vorrat.
Aber ist das so?
Die Stadt Olten hat aktuell eine Pro-Kopf-Verschuldung. Diese Zahl zeigt, wie hoch die Schulden einer Gemeinde im Verhältnis zur Anzahl Einwohner:innen ist. Dadurch kann man sie gut mit anderen Gemeinden vergleichen, unabhängig von der Anzahl Menschen, die da wohnen. In den letzten Jahren konnte diese Verschuldung dank leichten Überschüssen etwas gesenkt werden. Ein grosser Teil dieser Überschüsse kommt aber auch daher, dass Olten in den letzten Jahren konstant weniger investierte als geplant. Und zwar nicht nur in neue Projekte, sondern auch in den Werterhalt.
Ab 2022 kommen aber zwei gewichtige Faktoren hinzu.
Erstens sind da die geplanten und von allen Seiten unbestrittenen Investitionen von über 110 Millionen Franken in den nächsten 6 Jahren. Diese deutlich höheren Ausgaben fallen zum Teil bereits ab diesem Jahr an (Ländiweg, Schulhaus, Attraktivierung Aareufer).
Zweitens bricht durch die Unternehmenssteuerreform ein beträchtlicher Teil der Steuereinnahmen von juristischen Personen weg. Steuerbare Gewinne über 100’000 Franken werden seit 2020 mit rund 40 % weniger Gemeindesteuern belegt als zuvor. Diese Gewinne machen 80 % der gesamten Steuereinnahmen von juristischen Personen in Olten aus. Aktuell wird ein Teil dieser Steuerausfälle noch durch Zahlungen des Kantons kompensiert, aber diese Beiträge werden nun Jahr für Jahr reduziert. Die Steuereinnahmen werden daher schmerzhaft sinken.
Für Olten bedeutet das bereits ab diesem Jahr: mehr Ausgaben und weniger Einnahmen. Die Steuererhöhung ist entsprechend nicht auf Vorrat, sondern wird ganz konkret und bereits dieses Jahr benötigt. Auch mit einer Steuererhöhung wird sich Olten in den nächsten Jahren weiter verschulden müssen – einfach etwas weniger.
Sie sagen, die Stadt Olten habe ein Ausgabenproblem.
Aber ist das so?
Selbstverständlich kann man sowohl laufende Ausgaben als auch Investitionen immer infrage stellen. Fakt ist aber: In den letzten Jahren budgetierte die Stadt Olten relativ konservativ, also sparsam. Viele Investitionen, auch in den Werterhalt, wurden wie bereits erwähnt mehrfach aufs nächste Budget verschoben. Auch im Vergleich mit unserer Kantonshauptstadt wird dies deutlich: In Solothurn leben rund 1700 Menschen (oder nicht ganz 10 %) weniger als in Olten. Gleichzeitig ist das Budget Solothurns rund 10 % höher als dasjenige von Olten. Oder anders formuliert: In den letzten Jahren gab Solothurn im Schnitt über 1000 Franken mehr pro Kopf aus als Olten.
Sie sagen, für die geplanten Investitionen sei die Steuererhöhung gar nicht notwendig.
Aber ist das so?
Ja, die geplanten Investitionen könnten theoretisch auch ohne eine Steuererhöhung umgesetzt werden. Die Stadt müsste sich dann aber nochmals deutlich höher verschulden. Diese Verschuldung könnte wegen der niedrigeren Steuereinnahmen über die nächsten Jahre, wenn überhaupt, dann nur ganz langsam abgebaut werden. Olten wäre erneut für Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte, finanziell am Anschlag.
Die Auswirkungen bei einer allfälligen Annahme der “Jetzt si mer draa”-Initiative bzw. des Gegenvorschlags, die beide massive Steuersenkungen vorsehen, sind dabei noch gar nicht eingerechnet.
Gewiss kann man noch weitere Gründe haben, dem Budget nicht zuzustimmen. Man kann per se gegen Abgaben sein. Man kann einzelne Projekte nicht nötig finden. Man kann grundsätzlich die Rolle des Gemeinwesens und seine Aufgaben infrage stellen. Wenn einem aber etwas an einer lebenswerten und handlungsfähigen Stadt liegt, dann sagt man am 13. Februar JA zum Budget und damit auch JA zu einem minimal höheren Beitrag in die Stadtkasse zur Finanzierung der anstehenden Investitionen ins Schulhaus, den Bahnhofsplatz, das Aareufer und den Unterhalt der städtischen Infrastruktur. Davon profitieren nämlich schlussendlich alle.
Sie sagen, jedes Steuerprozent mehr könnte zur Abwanderung von Unternehmen führen oder verhindert, dass sich neue Unternehmen ansiedeln.
Aber ist das so?
Sicher, Abgaben und Steuern sind ein Faktor, den jede Firma berücksichtigen muss. Aber bei weitem nicht der einzige. Wäre dies der Fall, würde ja keine Firma mehr ihre Zelte in Bern oder Zürich aufschlagen.
Andere Faktoren sind genauso wichtig. Wie zum Beispiel:
– die geografische Lage: Diese kann man selbstverständlich nicht beeinflussen. Aber hier haben wir in Olten sicher eine unserer Stärken. Absolut zentral im Mittelland zwischen vielen grossen Ballungszentren und eine hervorragende Anbindung an den öffentlichen Verkehr.
– die Verfügbarkeit von Flächen: Was können wir hier tun? Als Gemeinde können wir unser Betriebsflächenmanagement aktiv mitgestalten. Zum Beispiel mit strategischen Immobilienkäufen oder mit einem aktiven und innovativen Leerflächenmanagement. Hier könnte man als Stadt sicher noch mehr unternehmen.
– Infrastruktur und Dateninfrastruktur: Neben der grundlegenden Infrastruktur, welche u.a. die Anbindung an den öffentlichen Verkehr einschliesst, nimmt der Ausbau eines flächendeckenden Breitbandinternets immer grössere Bedeutung ein. Durch den SBB-Knotenpunkt stehen wir bahntechnisch sicher nicht schlecht da. Der Ausbau der Dateninfrastruktur ist zumindest angedacht. Hier würde sich eine aktivere Beteiligung der Stadt sicher lohnen.
– Familienfreundlichkeit: Vereinbarkeit von Beruf und Familie wird immer wichtiger. Hier müssen wir aus meiner Sicht noch gezielter auf gute Kinderbetreuungseinrichtungen setzen. Die neue Schulanlage Kleinholz hilft sicher auch. Gut, hat man sich für die optimale Variante entschieden. 🙂
– Wirtschaftsklima: Förderungen für die Gründung oder Weiterentwicklung von Unternehmen als Argument für Start-ups? Sicher wichtiger als ein paar Prozent Steuern. Oder mehr Grosszügigkeit bei der Gestaltung der Öffnungszeiten der Gastronomie.
– Image der Gemeinde: Ein aktives Stadtmarketing ist ein gutes Mittel, um das Image unserer Stadt nachhaltig zu verbessern. Auch Investitionen in das Stadtbild können hier helfen, Stichwörter: Bahnhofsplatz und Ländiweg. Weg vom Bild des Nebellochs und der grauen Maus Olten.
– Lebensqualität: Die Lebensqualität einer Stadt/Gemeinde wird von vielen Kriterien bestimmt. Kultur, Freizeitangebote, Wohnungsangebot, Fussgängerfreundlichkeit usw.! Die Richtung der Stadt stimmt, jetzt bloss nicht damit aufhören!
Ich denke, wir müssen Olten nicht unnötig schlecht reden und davon ausgehen, dass wir Firmen und Unternehmen einzig und allein durch den Steuerfuss halten können.
Ich danke allen für ihre Beiträge zur Diskussion und zur Meinungsbildung, die ja auch motiviert sind, weil wir mitgeteilt haben, dass wir sie in unserer Spezialausgabe, die alle Oltner Briefkästen erreicht, publizieren werden. Kolt wünscht sich eine rege Auseinandersetzung im Sinne des politischen, lösungsorientierten Diskurses. Sie nimmt jetzt ein Ausmass an, so dass wir uns die Freiheit nehmen werden, Kommentare zu kuratieren, priorisieren und nicht alle komplett und vollständig in der kommenden Spezialausgabe zu publizieren. Dabei werden wir auf einen ausgewogenen Mix achten. Versprochen. Das tut mir leid, ist aber notwendig, weil wir schlichtweg nicht genügend Seiten zur Verfügung haben. Ausserdem wäre dieses Ausmass eine Zumutung für das Publikum. Ich hoffe auf euer Verständnis und danke für die rege Beteiligung!
Das heisst nicht, dass keine weiteren Beiträge erwünscht sind. Wir werden die ganze Diskussion berücksichtigen.
Der Wortschwall der Linken kann die 10%-Steuer-Ohrfeige für Gewerbe und Wirtschaft nicht vernebeln. Hören wir doch auf die Direktbetroffenen, etwa auf Urs Nussbaum vom alteingesessenen Oltner Familienunternehmen R. Nussbaum AG: «Wir kämpfen vehement gegen die Argumentation, dass die Unternehmungen sowie deren Inhaberinnen und Inhaber mit der STAF entlastet worden seien und nun im Gegenzug die Steuern erhöht werden könnten. Das stimmt schlicht nicht. Man muss sämtliche Effekte der STAF anschauen für eine Beurteilung der Wirkung. Das heisst: Bei der Stadt die Summe der Steuereinnahmen der juristischen und natürlichen Personen sowie Transfereffekte auf Einnahmen- und Ausgabenseite.»
Nachzulesen im OT vom 22. Januar: https://www.oltnertagblatt.ch/solothurn/olten/olten-steht-im-wettbewerb-mit-nachbarregionen-ld.2241630
Vielen Dank für die positiven Worte von Herrn Mühleisen zum Budget und zur Stadt. Ich sehe das ganz ähnlich. Olten ist eine hübsche kleine Stadt mit einem top SBB-Anschluss, einem vielfältigen Kulturangebot und einem wunderbaren Naherholungsgebiet. Super ist, dass endlich der Ländiweg in Angriff genommen wird. In den wärmeren Monaten sucht man oft vergebens einen Platz an der Sonne rund um das Aarebistro. Auch für das Auge von nach Olten Reisenden wird dieses Projekt einen ganz anderen Eindruck machen, übrigens auch der Bahnhofplatz. Endlich wird auch ein neues Schulhaus in Angriff genommen.
Die Lindt hat die gute Lage von Olten schon lang erkannt und gross invetiert. Ich bin überzeugt, ihnen war die Steuerdiskussion auch schon vor der massiven Investition klar und sie haben trotzdem investiert. Um das Städtchen familienfreundlich zu halten, die schöne Altstadt zu pflegen und weitere städtische Gebäude zu erhalten, muss investiert werden. Vielleicht müsste die Stadt auch wieder mehr in eigene Gebäude investieren und nicht alles Immobilienfirmen überlassen, deren Ideen Profit ist und die nicht aus dem Blick der Einwohnerinnen und Einwohner entscheiden, wem das Gebäude vermietet wird. Also mein JA für Olten.
Olten braucht die vorgeschlagene Steuererhöhung fürs 2022 nicht. Sie wäre auf Vorrat, um künftige Investionenen zu tätigen, wirkt aber wenig glaubwürdig, wenn sämtliche Rechnungen der letzten Jahre deutlich besser ausfielen als budgetiert. Daran ist auch bereits die vorgesehene Steuererhöhung im 2019 gescheitert im Gegensatz zu zwei vorangegangenen, mit dringendem Finanzbedarf begründeten Steuererhöhungen. Interessant ist dabei, dass jedoch stets ein Kompromissantrag, der weniger weit ging als die Anträge des Stadtrats, zum Ziel führte. Im 2019 wurde mein Kompromissantrag in der Finanzkomission unterstützt, nicht aber im Parlament. Ich habe mich dann trotz stark gespaltener Mitte, Partei- und Fraktionsmeinungen (kein gutes Zeichen) dem JA-Lager angeschlossen und bin deutlich unterlegen. Daraus habe ich meine Lehren gezogen und bin enttäuscht darüber, wie schwer es anderen fällt, über den Tellerrand hinauszublicken und zur Vermeidung von Blockaden mehrheitsfähige Lösungen voranzuteiben. Investionen wie der Aarezugang beim Pontonierhaus und Sälipark / Aufwertung Bifang werden im Übrigen nicht wegen der Finanzlage, sondern wegen Einsprachen verzögert. Es ist auch meine Erfahrung, dass vieles lange dauert in Olten, jedoch zeigen erfreulicherweise gerade Kinder immer wieder auf, wie Vieles positiver ist als Frau oder Mann manchmal meint. Olten ist eine solch lebenswerte Stadt!
Vertrauen wir den Experten!
Aus betrieblichen Gründen bietet eine Firma ihren Mitarbeitenden zwei Optionen: 10 % Gehaltskürzung oder 30 % Erhöhung ihrer Arbeitsleistung bei gleichem Gehalt. Bei diesem Szenario würden sich wohl die meisten Mitarbeitenden auf Stellensuche begeben.
Wir können Parallele ziehen zur geplanten Steuererhöhung in Olten, denn hier sollen Unternehmen ebenfalls mit einer Erhöhung von zehn Steuerprozentpunkten belastet werden.
Da ein Unternehmen durchschnittlich etwa drei Franken Umsatz erzielen muss, um einen Franken Gewinn zu erwirtschaften, handelt es sich um eine Kürzung von 10 % des Gewinns oder eine Erhöhung des Umsatzes um 30 %. Das Budget eines Unternehmens ähnelt dem Haushaltsbudget einer Familie: Es werden Mieten und Saläre bzw. Haushaltsausgaben bezahlt, Investitionen getätigt und Rücklagen gebildet. Kann dies zu den aktuellen Rahmenbedingungen nicht mehr oder kaum noch geschafft werden, bietet sich nur noch eine Alternative: der Wegzug. Ein Umzug ist für Unternehmen heute einfacher als früher, denn die Digitalisierung ermöglicht diverse Arbeitsmodelle wie bspw. Home-Office und ein zentraler Standort mit verkehrsgünstigen Anbindungen verliert zunehmend an Bedeutung.
Ein Wegzug von Oltner Unternehmungen ist kein „mögliches Szenario“: Bereits jetzt kennen wir mehrere Firmen, die dieses oder nächstes Jahr ihren Firmensitz verlegen werden. Setzt sich dieser Trend fort, entsteht eine massiv wachsende Steuerlücke. Bei den geplanten Steuererhöhungen waren Cowboys am Werk: Es sind Schnellschüsse, auf die sich niemand vorbereiten konnte. Trotz Steuerüberschuss im Finanzjahr 2021 sollen diese auf Vorrat, ohne klare Investitionsstrategie, ohne Risikomanagement und ohne Augenmass erhöht werden.
Es ist ein sehr komplexes Thema, und ich kann mir vorstellen, dass viele Stimmbürger*innen über die Aussagen beider Komitees, Nein bzw. Ja zum Budget, irritiert sind.
Die FIKO, die Finanzkommission der Stadt Olten, ist ein erfahrenes Expertenteam, das bereits im Herbst vor einer Steuererhöhung abriet. Vertrauen wir der Expertenmeinung und geben wir dem Budget 2022 eine neue Chance, indem wir die vorliegende Fassung mit einem deutlichen Nein ablehnen.
Die Finanzkommission besteht aus neun Mitglieder des Parlaments (2x FDP, 1x CVP, 1x GLP, 1x SVP, 2x SP, 1x Grüne, 1x Olten jetzt!). Aufgrund der Parteiparolen überrascht der Entscheid der Finanzkommission nicht. Er ist klar politisch getrieben.
Als Stadtrat müssen wir uns auf die Expert:innen der Finanzdirektion verlassen. Ihre Prognose ohne Steuererhöhung sagt deutlich, dass wir uns einer Verschuldung nähern, bei der der Kanton einschreiten wird. Der Stadtrat handelte darum vorausschauend und hat eine moderate Steuererhöhung vorgeschlagen, um die Grossinvestitionen nachhaltig zu finanzieren.
Wenn wir die Steuern heute nicht erhöhen, werden wir uns weiter verschulden und damit den nächsten Generationen Schulden hinterlassen, die sie wiederum mit Steuergeld finanzieren müssen.
Lieber Raphael
Die Grossinvestitionen lassen sich nachhaltig finanzieren, wenn der Stadtrat klarere Prioritäten bei den Investitionen setzen würde und sich an die eigenen Budgetvorgaben halten würde.
Der Stadtrat sagte im Frühjahr 2021 in seinen Vorgaben für das Budget 2022, der stark beeinflussbare Sach- und Betriebsaufwand der Stadt solle maximal 16 Millionen Franken betragen. Doch den Worten folgten keine Taten. Tatsächlich budgetierte der Stadtrat (also du und deine Kollegin/deine Kollegen in der Oltner Regierung) einen Sach- und Betriebsaufwand von über 16,5 Millionen. Das sind fast 1,2 Millionen Franken mehr als in der Rechnung 2019 und gut 420’000 Franken höher als im Budget 2021.
Wer scharf rechnet, sieht: Olten hat ein Ausgabenproblem und kein Einnahmenproblem!