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Pump up the court!

Gepumpt wird längst nicht mehr nur im Fitnesscenter, sondern unter freiem Himmel, mit den Händen am Lenker und den Füssen in den Pedalen. Sogenannte Pumptracks boomen im Land. Nimmt das Vorhaben des Bike Clubs Olten Fahrt auf, entsteht in einigen Monaten im Kleinholz ein Treffpunkt für Biker, Skaterinnen und andere Rollsportler.
2. April 2021
Text: Adrian Portmann, Fotografie: Timo Orubolo
Kleines Team mit grossen Plänen, von links: Mario Schmuziger, Giuseppe Rebuffoni, Dominik Hug und Flo Rickenbacher. Antonia Orlik fehlt auf dem Bild.

So sehr die Frühlingssonne sich auch ins Zeug legt, der Tristesse, welche die verlassene Minigolfanlage im Kleinholz gegenwärtig ausstrahlt, vermag sie nicht wirklich Einhalt zu gebieten. Seit ihrer Schliessung vor fünf Jahren hat sich auf der Anlage, bis auf die Bäume im Wind, nicht mehr allzu viel bewegt. Allerlei Ideen und Pläne gab es schon für das rund 3000 Quadratmeter grosse Areal, darunter ein grossangekündigtes 33-Millionen-Franken-Projekt, nämlich ein Ballsportcenter, das dem regionalen und überregionalen Sportnachwuchs zur Verfügung hätte stehen sollen.

Im vergangenen Jahr zogen sich die Initianten der Ballsporthalle um den Oltner Unternehmer Marc Thommen und Architekten Massimo Hauswirth zurück. Die Differenzen mit der Bauverwaltung und den zuständigen städtischen Kommissionen seien zu hoch gewesen, als dass man sich hätte auf einen weiteren Projektverlauf einigen können. Grund des Konflikts war damals das geplante Gebäude, das die maximal zulässige Höhe überschritten hätte und für dessen Umsetzung ein Gestaltungsplanverfahren eingeleitet hätte werden müssen. Dies lehnten die Initianten ab. Zuletzt platzte auch die Idee eines Leistungssportzentrums für Landhockey und die Projektpläne wanderten in die Schublade, ohne dass sich im Westen des Eisstadions etwas Neues getan hätte.

Während Mensch sich so seine Gedanken macht über die künftige Nutzung des gut gelegenen Areals, hat die Natur die Zeit genutzt, um auf den ehemaligen Minigolfbahnen der in den 90-Jahren eröffneten Anlage ihren Raum zurückzuerobern. Ein vergessen gegangener Rechen mit abgebrochenem Stiel stützt sich an einem der vielen Bäume auf dem Areal und wirkt neben den mit Tannzapfen, Laub und Moos gespickten Bahnen wie ein stummer Zeuge des fortschreitenden Zerfalls.

Beim Blick durch die milchigen Fenster des Clubhauses springen einem nicht wenige Pokale des Minigolf-Clubs Olten ins Auge. An der Wand klebt ein Plakat mit den Resultaten der Schweizer Mannschaftsmeisterschaften aus dem Jahr 2009. Letzte Überbleibsel, die von den gloriosen Zeiten der lokalen Minigolfer erzählen. Nach dem Konkurs der Minigolf Kleinholz AG und dem definitiven Aus der Anlage sahen sie sich gefordert, wenn auch zähneknirschend, eine neue Bleibe zu suchen. Bis heute halten sie ihre Trainings und Wettkämpfe in der Hallenminigolfanlage im Meierhof ab.

Schon bald jedoch soll neues Leben in die Anlage einkehren. Geht es nach dem Initiativteam des Bike Clubs Olten, der als Trägerverein des Projekts agiert, soll im Kleinholz ein Pumptrack entstehen, oder gleich deren drei, wie es erste Planungsskizzen vorsehen. «Damit wir ein möglichst grosses Publikum ansprechen und von der Anfängerin bis zum Pro alle auf ihre Kosten kommen, haben wir drei voneinander abgetrennte Bahnen angedacht», sagt Projektteammitglied Giuseppe Rebuffoni. Die gewellten mit Steilwandkurven versehenen Asphaltstrecken sind so konzipiert, dass man sie, ohne in die Pedalen treten zu müssen, alleine durch die Verlagerung seines Eigengewichts befahren kann. «Asphalt als Fahrunterlage bietet den Vorteil, dass er witterungsresistent ist und so gut wie keine Pflege beansprucht», erklärt Kollege Dominik Hug den Unterschied zu unbefestigten Tracks oder Dirt-Tracks, wie die Bikerin sie nennt.

Eine Spielfläche für Rollsportbegeisterte soll hier entstehen, wie man sie aus anderen Gemeinden bereits kennt. Ob auf dem Bike, Kickboard, mit Skates oder gar im Rollstuhl: «Beinahe jeder fahrbare Untersatz bietet sich an, in den Track zu steigen und sich in Geschicklichkeit und Gleichgewicht zu üben», sagt Hug, einer des fünfköpfigen Initiativteams, der von Berufes wegen als professioneller Bikelehrer öfters auf zwei Rädern unterwegs ist, als dass er mit beiden Füssen auf dem Boden steht.

Im Herbst vergangenen Jahres bewilligte das Oltner Parlament einen Budgetposten von 110’000 Franken für den Rückbau der Minigolfanlage. Damit war das Zeichen gesetzt, dass im Kleinholz etwas Neues entstehen kann. Ein Pachtvertrag und eine sich zurzeit in der Mache befindende Leistungsvereinbarung zwischen den Pumptrack-Eltern und der Stadt sollen die Rahmenbedingungen für den späteren Betrieb des geplanten Rollparks festhalten. Nach ersten positiven Signalen aus dem Stadthaus, namentlich von der abtretenden Stadträtin Iris Schelbert und dem kürzlich wiedergewählten Thomas Marbet, trafen sich die Biker erstmals Mitte März mit den zuständigen Behörden der Direktion Bildung und Sport, um die Details der Vereinbarung zu besprechen.

«Wir verstehen unser Projekt als eine Art Spielplatz, zu dem die Besucherinnen freien Zutritt haben sollen.»

Dominik Hug

Im Gespräch sei klar geworden, dass sich die Stadt finanziell eher nicht am Bau des Pumptracks beteiligen will, heisst es vonseiten des Bike Clubs. Jedoch zeigt sich die Stadt bereit, den Pachtzins für die Nutzung des Geländes zu erlassen, erklärt Hug auf Anfrage. Die angestrebte Leistungsvereinbarung mit der Stadt soll weiter auch die wesentlichen betrieblichen Fragen verbindlich regeln. Wer ist zuständig für die Pflege der Bäume und der Umgebung, wer kümmert sich um die Abfallentsorgung? Kann das ehemalige Clublokal der Minigolfer künftig im Rahmen der Pumptrackanlage in irgendeiner Form genutzt werden? Antworten auf diese und weitere Fragen wollen die Verantwortlichen beim nächsten Treffen Mitte April mit der Stadt klären. Die Finanzierung von rund einer halben Million Franken soll über ein Crowdfunding sowie Sponsorengelder erfolgen. Vor einigen Tagen wurde auch zu diesem Zweck die Website pumptrackolten.ch aufgeschaltet.

Buckelpisten-Blütezeit landauf, landab

Seit der Eröffnung der ersten Tracks im Land vor einem Jahrzehnt, unter anderem im bündnerischen Prättigau und in der Stadt Bern, wurden in den letzten Jahren laufend neue Anlagen in Betrieb genommen. Rund 80 solcher Sportanlagen zählt die Schweiz heute, weitere sind in Planung. Auf dem Gempen und in Grenchen bestehen asphaltierte Tracks, in Solothurn setzt man auf Dirt-Tracks und in Hägendorf befindet sich zeitweise eine mobile Minivariante aus Holzelementen.

Der Grossteil der Pumptracks findet sich in Berggemeinden im Bündnerland, Wallis und Berner Oberland, wo sich die Rollsportparks als probates Instrument bewährt haben, um auch während der schneefreien Sommermonate Freizeit- und Profisportler in die Gegend zu locken. Feststeht: Pumptracks erleben einen Boom. Das dürfte zum einen an ihrer vielseitigen Nutzungsmöglichkeit liegen, aber auch mit den geringen Wartungskosten zu erklären sein.

Seit Frühling 2019 in Betrieb: Der Rollsportpark im luzernischen Schüpfheim, welcher mit 3000 Quadratmetern flächenmässig vergleichbar ist mit der geplanten Anlage in Olten.

Der Energydrink-Produzent mit den roten Bullen im Logo, der seit jeher in seinen Marketingaktivitäten auf Trendsportarten setzt, veranstaltet seit 2018 eine eigene Pumptrack-Weltmeisterschaft. Den Rollsportpark in der Entlebucher Gemeinde Schüpfheim, der im Übrigen mit einem eigenen Track für Rollstuhlfahrende aufwartet, führt Red Bull neben Anlagen in Japan, Neuseeland und Argentinien als einen der angesagtesten Pumptracks der Welt auf. Beste Werbung für die ländliche Gemeinde, ohne dass sie dafür tief in die Tasche greifen muss. Auch der Sportstadt Olten würde ein Pumptrack ausgezeichnet stehen, meint jedenfalls das Initiativteam. Schliesslich blicke nicht zuletzt die Bikeszene in der Region auf eine lange und bewegte Geschichte zurück. Denn schon Jahrzehnte vor dem derzeitigen Bikeboom verschaffte sich Olten einen Namen in der Szene und darüber hinaus.

In den 80er-Jahren, als das Mountainbike in den USA geboren wurde, stieg ein findiger Velohändler namens Louis Kramer ins Geschäft ein und bewies den richtigen Riecher. Olten stieg zwischenzeitlich zu einem Mekka für Schweizer Mountainbiker auf. Hier wurde einer der ersten Mountainbikeclubs der Schweiz gegründet, die «Jura Mounties», und der «Kramer Cup», ein Bikerennen in der Region, sorgte während eines Jahrzehnts dafür, dass der neue Sport publikumswirksam in Szene gesetzt werden konnte. Kramer lebt heute in der Dominikanischen Republik. Seine Facebookpräsenz lässt keinen Zweifel aufkommen: Biken ist noch heute seine Leidenschaft. Wer weiss, vielleicht trifft man ihn eines Tages wieder in der Stadt, wenn er sich auf dem Track im Kleinholz an seine Anfänge zurückerinnert.

Eindrücke des legendären «Kramer Cups», der zwischen 1985 und 1995 einmal im Jahr in Olten stattfand.


Was soll deiner Meinung nach auf der alten Minigolfanlage Neues wachsen?

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