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«Schreib, Olten sei unterbewertet»

Auf der Bühne verarbeitet sie ihr Leben und unterhält dabei Menschen. So vermengt Lara Stoll Sinnfragen und Absurditäten aus dem Alltag einzigartig. Ein Telefongespräch vor den Oltner Kabaretttagen.
11. Mai 2022
Text: Yann Schlegel
Quelle: Simon Habegger

Vor zwölf Jahren gewann sie den Schweizermeistertitel der Slam-Poetinnen in Olten. Für die Kabaretttage kehrt Lara Stoll erstmals zurück. Geschmückt mit etlichen Titeln, Preisen. Wie schafft Frau das? – Immer diese platten Journalistenfragen. «Es gibt keine Poetry-Slam-Schule», sagt Lara etwas wirsch am Telefon.

Fakt ist, dass die Ostschweizerin wie derzeit kaum sonst wer den Irrsinn des Alltags zu einem Bühnenstück vermengt. Ein Stück, das mit einfachen Geschichten unseren Lebenssinn reflektiert. Lara Stoll macht einfach lieber, als zu erklären – und sie macht fast alles. Film, Musik, Buch, Kabarett, Lesung, Poetry-Slam.

Für ein kurzes Gespräch mit uns hat sie sich aber trotz allem Zeit genommen. Auch wenn sie sich dann doch erklären muss.

Lara Stoll

Letztes Jahr erhielt die Ostschweizer Künstlerin für ihr Schaffen den Salzburger Stier, den wichtigsten Kabarettpreis im deutschsprachigen Raum. Die 35-Jährige studierte Film an der Zürcher Hochschule der Künste, ist Gründungsmitglied der Band «Stefanie Stauffacher», hat eben ihr erstes Buch «Hallo» herausgegeben und tourt nebenbei mit ihrem Programm «Gipfel der Freude» durch die Schweiz.

Magst du über Olten sprechen?

Es gibt ja Viele, die irgendwas Schlechtes über Olten zu sagen haben. Ich kenne die Stadt schlicht zu wenig, als dass ich das tun könnte. Allzu viel umsteigen muss ich nicht. Meine Auftritte sind momentan meist in der Ostschweiz oder im Luzernischen und staune immer wieder, wie viele kleine Dörfer es da gibt.

Du hast dich also für deine Satire noch nicht von Olten inspirieren lassen?

Deville hat ja eine ganze Sendung zu Olten gemacht. Ich komme jetzt mal an die Kabaretttage, dann schauen wir weiter. Ah, ich wurde ja mal Poetry-Slam-Schweizermeisterin in Olten! Und ich hätte einmal noch gespielt, wenn Corona nicht gewesen wäre. Hey, Olten ist ganz gut. Schreib, Olten sei unterbewertet (lacht).

Quelle: Jonas Reolon

Du reist viel durch die Deutschschweiz. Wo liegen die besten Geschichten rum?

Meine Programme sind nicht an Orte gebunden. Sobald ich aufstehe, geht es los. Wenn ich es schaffe, den Staubsauger zu verstopfen, kann das eine gute Geschichte werden. Oder die Pizza, die nicht ankommt. Was ich erzähle, sind alles Dinge aus meinem Leben, die mich triggern. Zu meinem Glück hab ich ein Händlein dafür, mich in dumme Situationen zu manövrieren. Es ist, als hätte ich im Alltag einen Stock zwischen den Beinen (lacht).

Und wie bringst du solch banale Dinge witzig rüber?

Indem das Publikum sich darin erkennt: von meinem Mikrokosmos zum grösseren Ganzen. Es ist etwas sehr Schweizerisches, sich ertappt zu fühlen. Ich schreibe nur über Dinge, die einen sehr wahren Kern haben.

Wann langweilt dich der Schweizer Diskurs?

Wenn etwas zu Tode diskutiert wird. Wenn alle während einem halben Jahr nur noch über ein bestimmtes Brennthema sprechen. Da gebe ich mich weniger rein. Die politisch aktuellen Dinge überlasse ich lieber andern. Privat motiviere ich die Menschen aber auch dazu, abzustimmen.

Was macht für dich den Charakter der «Schweiz» aus?

Dass man immer Dinge über die Schweiz fragt. Immer die Nationalität hervorheben muss. Das Klischee finden will. Ich weiss nicht, ob die Schweizer in ihrem Naturell so mega viel Humor haben. Wenn ein Zug drei Minuten zu spät kommt, sind wir nervös. Schlangestehen können wir auch nicht. Wenn ich hingegen erzähle, wie ich auf den Zug warten musste, dann finden die Menschen es sehr lustig.

Genau solche Dinge erzählst du in deinem aktuellen Programm «Gipfel der Freude»: Welchen Schrecken des Alltags hast du heute Vormittag erfahren?

(Überlegt kurz.) Heute ist tatsächlich noch nichts Aufregendes passiert. Aber ich muss nachher noch zu einem Auftritt fahren. Das ist immer recht abenteuerlich. Letzte Woche bin ich im Autobahntunnel stehengeblieben. Die Veranstalter mussten mich abholen, den Soundcheck machte ich vor Publikum. Ja, das Schicksal fordert mich.

Quelle: Simon Habegger

Was bereitet dir persönlich grosse Freude?

Meine Freunde – ich verbringe sehr viel Zeit mit ihnen. Und die Musik ist eine meiner grössten Freuden. Eine Pizza im Bett. Dass ich’s schaffe, joggen zu gehen. Auch kleine Dinge eben. Auf der Bühne möchte ich nicht nur Leute bespassen. Auch ich muss Freude an meinem Job haben. Sonst bin ich nur am Geben.

Was ist deine Arbeit für dich: Ein Spiegel für die Gesellschaft? Eine Mitteilung an die Menschheit?

Ich weiss imfall auch nicht. Ich bin einfach froh, dort zu sein, wo ich heute bin. Dass ich so viele Freiheiten habe. Ich bin Künstlerin, egal ob Film, Band oder Bühne. Ich will gar nicht zu viel überlegen, mich nicht verkrampfen. Im besten Fall kann ich ein Vorbild sein. Ich suche nicht bewusst eine tiefere Essenz als Botschaft an die Menschen.

Die Oltner Kabaretttage finden vom 11. bis 21. Mai statt und bieten in diversen Lokalen der Stadt ein reichhaltiges Programm. Die Aufführung von Lara Stoll im Theaterstudio Olten ist bereits restlos ausverkauft. Für andere Vorstellungen sind noch Tickets verfügbar. Die Programmübersicht und Tickets findest du hier.


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