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Wie kompostiere ich in einer Mietwohnung?

«Öpfelbütschgi» und «Härdöpfelschinti» in den Mülleimer werfen? Das kann man zwar machen, kostet aber Abfallgebühren und vernichtet nährstoff- und energiereiche Ressourcen. Auf Antwortsuche via Werkhof, Wärmeproduktion und flüchtende Würmer.
3. März 2022
Text: Rebekka Salm*, Fotografie: Timo Orubolo

Alle zwei Wochen steht eine Gemüsekiste vor meiner Haustür. Je nach Saison finden sich darin Karotten, Krautstiele, Pastinaken oder Heidelbeeren – alles regional, alles bio. Ich liebe meine Gemüsekiste. Meine Tochter findet sie einen wiederkehrenden Gruss aus der Hölle (weil Gemüse halt). Unbestritten ist jedoch, dass der Inhalt der Kiste früher oder später Abfall produziert. Kerngehäuse von Äpfeln und Birnen, Rüstabfälle von Rüebli und Kohlrabi, schneckenzerfressene Salatblätter, keimende Kartoffeln.

Ich wohne seit Jahren in einem Mehrfamilienhaus ohne Garten und Kompost. Folglich werfe ich alle Grünabfälle in den Müll. Und habe dabei ein furchtbar schlechtes Gewissen. Zahlen zeigen aber, dass ich nicht die Einzige bin, die ihre Rüstabfälle auf diese Weise entsorgt:

2012 hat das Bundesamt für Umwelt die Mülltonnen der Schweizer Bevölkerung unter die Lupe genommen. Dabei stellte sich heraus, dass biogene Abfälle einen Drittel des gesamten Kehrichts ausmachen. Ich rechne nach: In Olten kostet ein 35-Liter-Abfallsack 1.90 Franken. Ein Drittel davon ist dreiundsechzig Rappen. Ich zahle also pro Jahr rund 33 Franken dafür, dass meine «Rüeblischinti» und «Öpfelbütschgi» allwöchentlich entsorgt werden. In den acht Jahren, in denen ich nun in Olten wohne, hätte ich über 260 Franken sparen können, gäbe es in meiner Umgebung einen Kompost. Was also tun? Diese Frage stelle ich René Wernli, Leiter des Werkhofs Olten.

René Wernli auf dem Kompost am Theodor-Schweizer-Weg.

«Natürlich kann man auch in einer Mietwohnung kompostieren», versichert mir Wernli. In Olten gäbe es beispielsweise die selbständig organisierten und von der Stadt unterstützten Kompostgruppen Hausmattrain, Höhenstrasse, Kleinholz, Mattenweg, Meierhof, Platanen, Theodor-Schweizer-Weg, Schärenmatte und Reiserstrasse.

Im letzten Jahr haben diese neun Gruppen zusammen 114 Tonnen Kompost produziert, also jede Menge nährstoffhaltigen Humus für Garten, Rabatten und Balkonpflanzen. Das finde ich sehr beeindruckend. Die Frage, die sich mir allerdings stellt, ist, was ich denn um Himmels willen mit diesem Humus anfangen soll?

Natürlich habe ich ein Töpfchen Basilikum vor dem Küchenfenster. Aber so rasch, wie der immer stirbt, kann ich gar keinen Humus darauf werfen. Dasselbe bei den balkontauglichen Kompostvarianten wie dem Bokashi-Eimer (Fermentation durch Effektive Mikroorganismen) oder der Wurmbox: Wohin mit der so produzierten Komposterde, wenn man keine oder kaum Zimmer- oder Balkonpflanzen besitzt? (Kommt hinzu, dass die auf Google wiederkehrende Frage «Warum flüchten Würmer aus der Kiste?» meine Lust auf einen Selbstversuch deutlich schmälert.)

«Eine weitere Möglichkeit, in einer Mietwohnung seine Obst- und Gemüsereste loszuwerden, sind die Grüngutcontainer», erklärt Wernli. Regelmässig werden diese geleert und die Grünabfälle nach Oensingen in den Kompogas-Fermenter gebracht. Der Begriff Grünabfälle wird hier deutlich grosszügiger ausgelegt als beim klassischen Kompost. Der Fermenter schluckt Gartenabfälle und Eierschalen genauso wie Haushaltpapier, übriggebliebene Spaghetti oder Kotelettknochen. Bei der zweiwöchigen Vergärung entsteht daraus methanhaltiges Biogas und Gärgut. Das Biogas wird zur Strom- und Wärmeproduktion genutzt, das flüssige und feste Gärgut in der Landwirtschaft als Dünger verwendet.

Zur Veranschaulichung: Im Jahr 2021 hat die Stadt Olten rund 1’742 Tonnen Bioabfälle nach Oensingen gekarrt. Daraus entstanden sind unter anderem Strom für 82 und Wärme für 24 Haushalte. Das, so dachte ich, sind Endprodukte, mit denen ich etwas anzufangen weiss, und war entschlossen, mir einen solchen Grüngutcontainer anzuschaffen. Einen Haken hat die Sache allerdings: Der kleinste Container umfasst 50 Liter.

So viel Krautstil und Jungspinat kann ich gar nicht verkochen, um auf die nötige Menge Bioabfälle zu kommen. Zumindest nicht, wenn ich verhindern will, dass meine Tochter ein Formular zur Adoptionsfreigabe ausfüllt. Alternative Lösung: Ich muss meine Verwaltung davon überzeugen, dass ein Grüngutcontainer für alle Wohnparteien im Mehrfamilienhaus eine gute Sache ist. «Nicht alle Verwaltungen unterstützen eine solche Anschaffung», gibt Wernli zu bedenken. «Gerade im Sommer können die Container unangenehm riechen.»

Zu guter Letzt bleibt noch die Möglichkeit, sein «Kompostkübeli» unter der Woche selbst in den Werkhof oder zur Firma Turuvani im Hasli zu tragen. Letztere hat auch am Samstag geöffnet. Beide Standorte sind einen mindestens 25-minütigen Fussweg von mir zu Hause entfernt. Das ist weit. Sehr weit sogar. Allerdings hat dies auch sein Gutes: Die Würmer, sollten sie denn tatsächlich aus dem Werkhof- oder Turuvani-Kompost fliehen, schaffen es niemals bis zu mir ins Quartier.

*Rebekka Salm (42) wohnt seit einigen Jahren in Olten, arbeitet in Zürich im Asyl- und Flüchtlingsbereich, ist Autorin und Mutter einer Tochter. 


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