Olten spart
Es ging um Geld bei den Abstimmungen vom 13. Februar: Der Bund wollte die Unternehmen weniger stark zur Kasse bitten, die Stadt Olten ihre Steuerzahlerinnen stärker. Und den Medien plante man unter die Arme zu greifen.
Die 11’439 Oltner Stimmberechtigten sahen das in jeder Hinsicht anders. Zumindest jene Hälfte, die ihr Abstimmungscouvert in den Briefkasten statt ins Altpapier warf: Mit einer Stimmbeteiligung von rund 50 % entschied sich Olten gegen die Abschaffung der Stempelsteuer, gegen die Genehmigung des städtischen Budgets und auch gegen das nationale Massnahmenpaket zugunsten der Medien.
Ebenso abgelehnt wurde die Volksinitiative zum Tier- und Menschenversuchsverbot. Zugestimmt hat Olten, in Übereinstimmung mit der ganzen Schweiz, einzig der Initiative für ein Verbot von Tabakwerbung zum Schutz von Minderjährigen. Die kostet aber auch nicht besonders viel.
Weshalb auch immer, Geld gibt’s keines
Damit bleibt in finanzieller Hinsicht alles beim Alten. Die Stadt steht erneut ohne Budget da und wir bei Kolt müssen uns weiterhin ohne zusätzlichen Zustupf vom Staat durchschlagen.
Waren die Gegenstimmen zu dominant? Die Pro-Kampagnen für Budget und Mediengesetz zu wenig sichtbar? Die Vorlage zum Mediengesetz ein unbrauchbarer Kompromiss? Hat die Schweiz in Pandemiezeiten Angst vor verschwenderischen Staatsausgaben? Oder gab es einfach bessere Argumente gegen die Vorlagen als dafür?
Wir wissen es nicht genau, also freuen wir uns an den kleinen Fun Facts des Politgeschehens: Auf die Stimme genau 50 % der Oltner Urnengängerinnen haben ein Ja für das Mediengesetz eingeworfen. Damit ist Olten eine von schweizweit 15 Gemeinden, in denen diese Vorlage unentschieden ausging (was im Resultat aber trotzdem ein Nein bedeutet). Die Stadt erreichte mit dieser Punktlandung im Vergleich zum Kanton ein deutlich positiveres Resultat: Der Kanton Solothurn lehnte die Vorlage mit 60.2 % Nein-Stimmen ab. Auch alle umliegenden Gemeinden stimmten klar Nein.
Weiter geht’s
Hat Kolt als unabhängiges Lokalmedium hier eine Rolle gespielt? Haben wir es geschafft, einige der 2’845 Befürworter von den Vorzügen der Medienvielfalt zu überzeugen?
Auch das wissen wir nicht und werden es auch nicht herausfinden. Aber wir nehmen es als Anlass, um dranzubleiben. Und mit oder ohne staatliche Medienförderung guten, leserorientierten Journalismus zu machen. Mit Leidenschaft und Idealismus.
Sollten wir mal ohne Budget dastehen, hätten wir ja immer noch die Stadt Olten, die uns mit ihrer Expertise in einer solchen Situation vielleicht ein paar Tipps geben könnte.
Was denkst du zu den Abstimmungsresultaten? Wie geht es weiter?
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Das Komitee für solide Stadtfinanzen hat sich soeben per Facebook bei den NEIN-Stimmenden für die Verhinderung der massiven Steuererhöhungen (sic) bedankt. Das Komitee betont auch gleich noch, dass die Stadt auch ohne das zusätzliche Geld perfekt weiter funktionieren werde: Alle nötigen Investitionen könnten beim aktuellen Steuerfuss finanziert werden.
Damit ist nun auch klar, wohin die Reise geht. Denn dass nicht alle Investitionen, die im Finanz- und Investitionsplan [1] vorgesehen sind, beim aktuellen Steuerfuss realisiert werden können, scheint auch den Budgetgegner:innen klar zu sein. Bleibt also die Frage, welche der geplanten, aber noch nicht beschlossenen Investitionen über die Klinge springen sollen.
– die Erweiterung des Kunstmuseums?
– die Instandsetzung des Bühnenhauses des Stadttheaters?
– die Erweiterung des Frohheim-Schulhauses?
– der Bau des neuen Bahnhofplatzes?
… oder allenfalls vernachlässigen wir einfach den Unterhalt der bestehenden Infrastruktur noch mehr, als das jetzt schon der Fall ist.
[1] https://www.olten.ch/_docn/3382154/00_000_Finanzplan_2022-2028.pdf
Liebes KOLT
Generell würde ich gerne bei Gelegenheit darüber lesen, was alles stillstehen muss und nicht ausgelöst oder unterstützt werden darf, wenn eine Stadt wie Olten kein genehmigtes Budget hat. Vor allem, welche Leistungen zu Gunsten Dritter (z.B. Vereine, Anlässe, Projekte, Bildungsangebote, Wirtschaftshilfen) blockiert sind und welche Anschaffungen, Sanierungen etc. vertagt werden müssen.
Das könnte wirklich interessant sein, weil man im Prinzip auf parlamentarischem Weg dafür sorgen könnte, dass der unbestrittene Teil der Ausgaben zu gebundenen Ausgaben erklärt wird. Die Blockade von unbestrittenen Investitionen ist in der Tat unschön. Das will niemand.
Hallo Herr Wehrli
Hier zum Nachlesen die durch das Parlament und Stadtrat im 2019 verpasste Möglichkeit, die budgetlose Zeit zu umgehen.
https://kolt.ch/?p=26945
Es ist völlig irrelevant, was nach der Abstimmung die Pro- und Contra-Komitees finden. Es gilt, den Entscheid zu akzeptieren und die Energie darauf zu verwenden, wie jetzt ein neues Budget erstellt werden kann, das mehrheitsfähig ist. Auch in den Folgejahren kann oder muss der Steuerfuss angepasst werden.
Ich erwarte vor allem vom Gemeindeparlament einen pragmatischen Vorschlag und nicht ein Powerplay. Die vom Stadtrat präferierten 112/112 hätten wohl die notwendige Akzeptanz in der Bevölkerung gefunden.
Ich finde den Kollateralschaden eines budgetlosen Zustandes gravierend, nicht zuletzt für all jene, die etwas bewegen und/oder planen wollen.
In diesem Sinne: Öffentlich jammern und Wunden lecken hilft wenig. Es gilt nun, ein Budget zu verabschieden und künftig Steuerfussanpassungen besser zu vermitteln.
Nein, dieses Medienpaket war kein “unbrauchbarer Kompromiss”. Aber es war zu kompliziert geschnürt, um einen ausreichenden Anteil von Stimmberechtigten davon zu überzeugen, dass ein Ja der klügere Entscheid war. Und die Gegnerschaft hatte ein leichtes Spiel, die Vorlage mit zwei, drei plakativen Sätzen ins Trudeln zu bringen. “Keine Steuermilliarden für Medienmillionäre” – wer hat diese irreführende Aussage nicht mindestens einmal vor Augen oder zu Ohren bekommen? Irreführend deshalb, weil es gar nicht um Milliardenbeträge ging und die grossen Medienhäuser einen vergleichsweise kleinen Anteil gekriegt hätten.
Damit ist das Scheitern aber noch nicht erklärt. Vermutlich ist die Mehrheit der Abstimmenden gar nicht dazu gekommen, zu überlegen, was für die schweizerische “Medienlandschaft”, und besonders für die regionale und lokale, auf dem Spiel gestanden ist. Und ein wenig darüber nachzudenken, wer an einer Ablehnung interessiert war und weshalb, hätte auch noch Sinn gemacht. Offenbar ist in Vergessenheit geraten, dass die Demokratie, so wie wir sie in der Schweiz verstehen, primär in der Zelle, sprich in den Gemeinden und Regionen stattfinden soll und dass der gesellschaftliche und politische Diskurs auf Foren und Plattformen mit der erforderlichen lokalen journalistischen Kompetenz angewiesen ist.
Meines Erachtens hat das Kolt eine informative, argumentativ überzeugende und glaubwürdige Abstimmungskampagne gemacht. Das Kolt-Team darf, finde ich, schon ein wenig stolz sein auf das vergleichsweise erfreuliche Oltner Ergebnis.
Danke, lieber Kurt, für deine Worte, die wir gerne lesen!
Ja, das Medienpaket war ein unbrauchbarer, sogar bösartiger Kompromiss! Millionen an Steuergeldern in die Tasche profitabler Unternehmer und einige Brosamen zu den kleinen Lokalmedien! Trotzdem hab ich Ja gestimmt, kolt und anderen Kleinen zuliebe. Zum Oltner Thema: Als draussenwohnender Beobachter stelle ich fest: Keine der beiden Seiten will eine konstruktive Lösung, um solche Sackgassen zu vermeiden. Zu geil die Chance, dem andern eins auszuwischen! Dabei wärs so einfach: 1. Budgetprozess zeitlich so legen, dass über ein eventuelles zweites Budget noch im Dezember abgestimmt werden kann, und 2. grosse Investitionsprojekte von Anfang an mit verbindlichen und bindenden Aussagen über die Steuerfolgen vors Volk bringen. Aber nein: Lieber gegenseitig Ohrfeigen austeilen!