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8 Kandidaten, 1 Kandidatin: Wen wählen? Das grosse Kolt-Dossier zu den Stadtratswahlen

Die Wahlunterlagen sind in den Briefkästen. Am 7. März kannst du mitentscheiden, wer die Stadt Olten in die Zukunft führen soll. Bei uns erfährst du trotz Pandemie alles über die Kandidierenden.
11. Februar 2021
Text: Yann Schlegel, Grafik: Roger Lehner, Fotografie: Timo Orubolo

Wir haben für dich ein umfangreiches Dossier zu den Stadtratswahlen zusammengestellt: Porträt, TV-Gespräch und Kurzinterview. Für unser neustes Format haben alle Kandidierenden drei Fragen aus dem Kolt-Fragetopf gezogen und beantwortet. Auf die mit Punkten gekennzeichneten Fragen haben wir nachgehakt. Dabei sind auch eure Inputs nicht zu kurz gekommen. Von welchen Kandidierenden möchtest du mehr erfahren? Klicke unten auf den Namen und informiere dich. Die Kandidatinnen sind in umgekehrter Reihenfolge zu ihrem Auftritt beim 2. Kolt-Treffen gelistet:

Beat Felber, CVP

Beat Felber konnte leider aus gesundheitlichen Gründen nicht am TV-Gespräch teilnehmen.
  • Wie schafft es die Stadt, welche die Fachhochschule (FHNW) beheimatet, ihr Potenzial als Studentenstadt besser auszuschöpfen?

Beat Felber: Indem sie die rechte Aareseite stärker in den Fokus nimmt. Ich habe das Gefühl, die linke Aareseite mit der schönen Altstadt und der Badi wird ein wenig bevorzugt. Die rechte Seite ist ein wenig untergeordnet, man sollte sie aufwerten. Ich denke gerade an den Sälipark 2020. Im Zuge dessen sollten die Aussenräume schön gestaltet und die öffentlichen Plätze allgemein besser genutzt werden.

Was halten Sie vom bestehenden FHNW-Campus?

Städtebaulich ist es ein langer Schlauch, der viel Platz benötigt. Man hätte sich fragen können, ob man etwas höher baut und den Platz besser nutzt. Für eine Aufwertung des Areals gäbe es hinter der Fachhochschule noch Landreserven und beim Sälihof könnte man den Raum besser nutzen.

Wenn wir von der Studentenstadt sprechen: Wie könnte man die Studierenden hierbehalten?

Mit einer Aufwertung der öffentlichen Räume. Und für die Winkelunterführung endlich eine Lösung finden könnte helfen. Die Innenstadt-Anbindung müsste attraktiver werden. Für Studierende ist auch das Nachtleben ein Thema. In diesem Bereich könnte man auf der rechten Aareseite Anreize schaffen. Ich weiss nicht, wie das Angebot heute ist. Aber mit zusätzlicher Unterhaltung könnte man verhindern, dass die Studenten nach Zürich, Bern oder Luzern abhuschen.

  • Wenn Sie mit einem Fingerschnippen ein grosses Projekt für Olten umsetzen könnten, welches wäre das?

Den Winkel. Eine Lösung, die genial und futuristisch ist – ein für alle Bedürfnisse gelungenes Projekt. Wenn es dann noch bezahlbar wäre, dann wäre ich der Held. (lacht)

Sie als Architekt haben auch mit räumlichen Fragen zu tun: Wie könnte die Lösung aussehen?

Es ist schon sehr komplex. Die Eigentumsverhältnisse sind ein Problem. Im Moment ist ja der Posttunnel fürs Velo ein Thema. Ich finde dies bloss eine «Krücken»-Lösung. Es gäbe einen zweiten Winkel, weil ein Tunnel nicht attraktiv ist. Die Unterführung gehört zudem nicht der Stadt, ist nicht am idealen Ort und es bräuchte riesige Investitionen, dass sie zustande kommt. Wir bräuchten ein visionäres Projekt von Städtebauern, die von aussen eine Sicht reinbringen und das Problem neutral, unbehaftet und unabhängig vom Baurecht betrachten.

Würde dies über den Winkel hinausgehen?

Ich denke, die Aufgabe kann breiter gefasst sein. Das Thema der Stadtseiten-Verbindung besteht nicht nur beim Winkel. Es wird auch in der Rötzmatt ein Thema sein, da besteht ein Knoten zwischen dem Kleinholz und der Altstadt. Ich glaube, Olten hat ein Verbindungsproblem. Die Personenunterführung Hammer ist das, was zurzeit am vielversprechendsten gelöst scheint.

  • Die Menschen kaufen zunehmend online ein, was sich unter anderem an leerstehenden Verkaufsgeschäften in der Innenstadt zeigt. Wie kann die Stadt die regionale Wirtschaft in dieser unaufhaltsamen Entwicklung unterstützen?

Das eine ist die Visitenkarte Bahnhofsplatz: Dass wir hier einen guten Zugang mit dem Steg für den Langsamverkehr schaffen, ist vielversprechend und könnte die Menschen vermehrt in die Innenstadt einladen. Als zweites würde ich mir einen Ankermieter als «Gamechanger» an der Kirchgasse wünschen, beispielsweise ein H&M oder ein Zara. Ich bin überzeugt, dass ein solches Geschäft mehr Menschen in die Stadt bringen würde. Wenn sie mal hier sind, bieten sich auch für das kleinere Gewerbe Chancen. Mir ist bewusst, die Ankermieter überlegen sich nicht: «wie kann ich der Stadt helfen», auch sie wollen eine gewisse Frequenz haben.

Glauben Sie, nach Corona und dem dadurch beschleunigten Onlineverkauf werden Ankermieterinnen in einer Kleinstadt noch den gleichen Effekt haben?

Da wir als Gesellschaft stark zurückgedrängt wurden, habe ich das Gefühl, dass wir nun in allen Bereichen einen Nachholbedarf verspüren. Ich als Mann kaufe vielleicht zwei Mal im Jahr Kleider. Eben hat meine Frau fünf Schachteln Kleider bestellt, weil die Läden zu sind. Für mich geht dies nicht, ich muss in einen Laden. Viele suchen dieses Erlebnis. Das Gesellschaftliche, in eine Innenstadt zu wollen, wird bestehen bleiben und vielleicht sogar verstärkt zurückkehren.

Was würden Sie sich in der Innenstadt Olten wünschen?

(überlegt lange) Es könnte ein Ausstellungsraum von Tesla oder von Elektrovelos sein. Wichtig wären Läden, in welchen eine fachkundige Beratung und das Zwischenmenschliche wichtig sind.


Thomas Marbet, SP

  • Die Stadt hat in den letzten Jahren mehrere Liegenschaften veräussert. Würde sie die Gebäude nicht besser im Baurecht abgeben oder behalten, um sich mehr Möglichkeiten offen zu lassen?

Thomas Marbet: Eben erst haben wir eine Liegenschaft an der Baslerstrasse neben dem ehemaligen Grätzer-Areal gekauft. Wir schauen uns immer aktiv um und ich gebe auch Abklärungsaufträge, wenn ein Objekt für die Stadt interessant ist. Wir haben auch Liegenschaften verkauft, allerdings eher in peripheren Lagen. Etwa beim Meierhof haben wir einen ehemaligen Kindergarten veräussert, oder auch ein Stück des Hausmattrains bei einer Bushaltestelle. Wenn eine Liegenschaft eine zentrale Lage hat, für die Stadtentwicklung wichtig ist und wir eine öffentliche Nutzung erkennen, bin ich gegen einen Verkauf. Hier an der Kirchgasse könnte ich mir eine Abgabe im Baurecht vorstellen. Den Verkauf sehe ich nicht.

Die Stadt hat vor einigen Jahren mit der Jugendbibliothek auch ein Altstadt-Haus verkauft.

Man muss schon sehen: Als ich 2013 in den Stadtrat kam, hatten wir 25 Millionen Franken Defizit geschrieben und Schulden über 119 Millionen Franken gebildet. Da spürten wir eine Last und einen gewissen Druck. Wir haben die Jugendbibliothek also sicher auch unter dem Aspekt der Finanzen verkauft. Jedoch hatten wir im Stadthaus ideale Platzverhältnisse für den Standort der Jugendbibliothek und dies hat neues Leben ins Erdgeschoss gebracht.

  • Der Standort der Pädagogischen Hochschule steht zur Debatte. In Zofingen dürfte die Jugendherberge schliessen. Beide Institutionen könnten der Stadt Olten zusätzlichen Schub verleihen. Was kann die Stadt dafür tun, dass sie möglich werden?

Meinen einzigen Vorstoss im Parlament machte ich damals für eine Jugendherberge: Ich schlug vor, den städtischen Polizeiposten als Jugendherberge umzunutzen. Wegen der Jugis Zofingen und Aarau erhielt ich eine Absage. Seither hat sich das Beherbergungsangebot verändert. Trotzdem wäre eine Jugendherberge wünschenswert. Als Standort sähe ich das Kloster: Es liegt direkt an einer nationalen Veloroute, hat viele freie Zimmer, und die Velos liessen sich im Klostergarten abstellen. Da wäre ich bereit, mit der Kapuziner-Bruderschaft und dem Kanton das Gespräch zu suchen. Ich sehe die Stadt aber nicht als Betreiberin.

Auf der Kirchgasse ist einiges im Wandel. Die Forderungen, den Munzingerplatz zu befreien, werden auf die Wahlen hin wieder laut. Warum nicht hier ein Park mit einer Jugi?

Die Idee eines Stadthotels ist an uns herangetragen worden. Ich verwehre mich überhaupt nicht gegen diese Idee, ein Boutiquehotel zu schaffen. Wir möchten im Erdgeschoss des bisherigen Kunstmuseums eine publikumsintensive Nutzung – oben wären grundsätzlich Wohnnutzungen angedacht. Auch ein Hotel wäre denkbar. Die Investitionen müssten aber Private tragen, die Stadt könnte mit dem Baurechtszins entgegenkommen, und sich als Gegenleistung Nutzungen sichern.

Wie sehen Sie die Chancen einer Pädagogischen Hochschule?

Dies liegt nicht in meiner Zuständigkeit. Eine Erweiterung der Fachhochschule wäre aber sinnvoll. Olten ist verkehrstechnisch super gelegen und südlich der neuen Fachhochschule liegt das Land brach. Vielleicht könnte der Kanton dabei auch eine Turnhalle bauen und so aus dem Mietverhältnis mit der Giroud Olma AG herauskommen.

Trotz elegantem Neubau wirkt der Campus der Fachhochschule heute trist. Die Tannwaldstrasse vom Bahnhof her gleicht im Sommer einer Wüste.

Die Strasse ist beengt, auch wegen der Nähe zu den Gleisen. Ursprünglich waren Bäume vorgesehen, die nicht gepflanzt wurden. Das könnte man meinen Vorgängern vorwerfen. Aber ich bin auch froh, wenn ich den Menschenströmen auf die Strasse ausweichen kann.

  • Wie stellen Sie sich das Olten von 2030 vor?

Ich möchte eine Stadt, in der mehr Kooperation und Kollaboration stattfindet. Und dass wir im Verbund mit anderen öffentlichen Händen (Gemeinden) aber auch mit Privaten die Aufgaben lösen, die sich stellen. Wir verfolgen diesen Weg bereits: mit einer Schulregion, Sozialregion, Stützpunktfeuerwehr oder dem regionalen Rechenzentrum. Wir müssen die Aufgaben künftig vermehrt miteinander lösen, etwa auch mit Trägerschaften im Sport- und Kulturbereich. Die Soziallast und die gebundenen Ausgaben werden steigen. Der Anteil des Budgets, den wir noch beeinflussen können, wird sinken. Also muss es uns gelingen, kommunale Aufgaben möglichst günstig zu erfüllen. Und unter Kollaboration verstehe ich, dass die Bevölkerung mehr miteinbezogen wird. Für das Projekt «Chance Olten Ost» war die Mitwirkung mustergültig, woraus auch das Cultibo hervorging. Dasselbe haben wir mit der Ortsplanungsrevision vor. Wir müssen mehr mit konsultativen Befragungen der Bevölkerung arbeiten.

Eine solche wäre auch beim Kunstmuseum möglich gewesen.

Architekturwettbewerbe geben eine breite Sicht der Ergebnisse. Darum empfinde ich dies als sinnvolle Investition. Wettbewerbe geben auch immer viele neue Ideen.


Benvenuto Savoldelli, FDP

  • Sehen Sie die Kulturförderung als öffentliche Aufgabe, der sich eine Stadt widmen soll?

Benvenuto Savoldelli: Grundsätzlich nicht. Ich bin dafür, dass eine Stadt alles daransetzt, damit Kultur sich entfalten kann. Etwa indem sie Plätze und Räumlichkeiten zur Verfügung stellt oder Gebühren erlässt. Aber jede kulturelle Institution finanziell zu unterstützen, finde ich nicht richtig. Unterstützen soll die Stadt jene Kulturinstitutionen, die nationale oder internationale Ausstrahlung haben.

Ist es richtig, dass die Stadt selbst kulturelle Institutionen führt?

Wir müssen uns die Frage stellen, ob eine Stadt mit 20’000 Einwohnern sich beispielsweise so viele Museen leisten kann. Ich finde das System im Kanton Solothurn ohnehin falsch. Im Aargau machen sie es viel besser: Die Museen sind vom Kanton geführt und haben eine ganz andere Ausstrahlung. In Olten stellt sich auf Dauer die Frage: Können wir uns alle Institutionen leisten? Im Moment haben wir das Geld noch. Niemand traut sich zu sagen: «Wir machen dies, aber dafür jenes nicht.» Ich finde es aber nicht richtig, dass Kultur- gegen Sportinstitutionen ausgespielt werden.

Der Stadtrat hat in den letzten Jahren eine Museumsstrategie ausgearbeitet. Warum sind Sie nicht in eine andere Richtung gesteuert?

Es gab kontroverse Diskussionen. Auch das Parlament hätte Möglichkeiten einzugreifen. Die Vorstösse im Parlament, wie beispielsweise die Forderungen, das Kunstmuseum solle an einen anderen Platz oder der Umbau solle viel weniger kosten, kamen von Leuten, die das Kunstmuseum eigentlich nicht wollen, aber den Mut nicht haben, dies so deutlich zu sagen.

  • Die Stadt will das Klimaziel netto null CO2-Ausstoss bis 2040 umsetzen. Welche Massnahmen sind davon abgesehen angezeigt, um zu den übergeordneten Klimazielen beizutragen?

Der parlamentarische Vorstoss ist stark eingeschränkt und betrifft ja nur die städtische Verwaltung. Der CO2-Ausstoss der Stadtverwaltung macht gesamtschweizerisch 0,003 Prozent und 0,1 Prozent des Kantons aus. Was ich an dieser in Auftrag gegebenen Studie kritisiere, ist, dass beispielsweise Elektrofahrzeuge als CO2-neutral gelten, weil sie in der Schweiz kein CO2 ausstossen. Man schaut immer aufs Territorium, und wenn ein Fahrzeug aus dem Ausland kommt, ist es klimaneutral – obwohl die Herstellung des Fahrzeugs und der Batterie auch CO2 verursacht. Grundsätzlich finde ich es schade, dass jede Stadt und jedes Land für sich was versucht, statt dass alle am gleichen Strick ziehen. Es wäre schon viel sinnvoller, wenn die Europäer gemeinsam etwas tun würden.

Beim städtischen Klimaziel ist der Vorbildcharakter zentral. Er soll die Menschen sensibilisieren.

Der Vorbildcharakter löst die Probleme nicht. Es haben auch nicht alle genügend Geld für eine energetische Sanierung. Ich selbst habe auch eine Solaranlage und finde es sinnvoll, in vernünftige Lösungen zu investieren. Dass die Stadt unbedingt per 2030 klimaneutral sein soll und dafür Werte vernichtet, indem sie Gebäude vorzeitig saniert und Heizungen oder Fahrzeuge vorzeitig ersetzen muss, finde ich verfehlt.

Die vorzeitigen Investitionen könnten sich lohnen, da die Betriebskosten sinken und etwa Wärmepumpen langfristig kostengünstiger sind als Heizungen mit fossilen Energieträgern.

Das mag sein, ja.

Die Stadt müsse zuerst die städtischen Betriebe (sbo) auf einen klimafreundlicheren Kurs bringen, monieren einige Politikerinnen.

Immerhin ist der Biogas-Anteil bei der sbo in den letzten Jahren gewachsen. Das Problem ist, dass die sbo im Moment wohl gar nicht so viel Biogas beschaffen könnte, um alle nur mit Biogas zu beliefern. Gäbe es mehr Biogas-Anlagen, könnte der Anteil erhöht werden. Einer Firma spielt es keine Rolle, ob sie mit Biogas oder mit normalem Gas Geld verdient. Wärmepumpen sind im Übrigen auch nicht überall möglich. Bei mir zuhause ist der Fels zu dick.

Wie Sie selbst sagen, ist das Biogas beschränkt verfügbar. Warum setzt die sbo nicht stärker auf andere erneuerbare Energien?

Das hat der Stadtrat der sbo nicht vorzuschreiben. Die Firma ist sich bewusst, dass sie in Zukunft andere Möglichkeiten anbieten muss. Eine Firma, die Energie und Wärme zur Verfügung stellt und sich nicht von sich aus den neusten Entwicklungen anpasst, wird nicht bestehen können.

  • Schöne Visionen für die Stadt gab’s viele, wie etwa «Olten 2020». Aber der Vorwurf wird laut, dass viele Projekte irgendwo in einer Schublade verloren gehen. Eine klare Strategie liess die Stadt vermissen.

Es gab Projekte, die erfolgreich verliefen. Aus «Chance Olten Ost» ging das Cultibo hervor. Was Olten Südwest betrifft, befinden wir uns jetzt auf einem guten Weg. Mit Bachmann junior kann die Stadt viel besser reden. Er ist vom Typ her anders als der Vater, ist viel offener und kommt auf die Stadt zu. Aber ich muss ehrlich sagen, dass ich einige Personen kenne, die in diesem Quartier wohnen. Und sie sind begeistert – es ist es immer eine Frage der Sichtweise. Ich habe Mühe, wenn gewisse Leute die Finanzierung der Personenunterführung Hammer, die fast zu 99 Prozent von Bachmann und vom Bund geleistet wird, anzweifeln. Bachmann zahlt das Geld etliche Jahre früher, als er einen Nutzen davonträgt.

Aber der Beitrag ist nicht geschenkt. Er schuldet ihn der Stadt wegen der Umzonung.

Ja, aber er bezahlt das Geld freiwillig viel früher, als er müsste. Das Geld ist ohnehin zweckgebunden und deshalb für die Unterführung gut investiertes Geld.

Und wenn Sie auf acht Jahre Stadtrat zurückblicken. Was war die positivste Veränderung?

Die Stabilisierung der Finanzen. Wir konnten positive Jahresergebnisse erreichen und fast 50 Millionen an Schulden zurückzahlen. Was die Projekte betrifft, sollte man viel mutiger sein. Man sieht es an der Kirchgasse. Viele sagten, sie würden Konkurs gehen, falls die Strasse autofrei werde. Jetzt ist es die Gasse, die am stärksten lebt. Selbst im Winter waren die Gastrobetriebe draussen voll. Früher war die Strasse immer verstopft, das war grässlich.


Nils Loeffel, Olten jetzt!

  • Wie gelingt es, die beiden Stadtseiten für den Nahverkehr besser miteinander zu verbinden?

Nils Loeffel: Ich habe ehrlich gesagt keine Patentlösung. Im Umfeld zwischen Aare und Bahnlinie sind verschiedene Player, die mitdiskutieren. Das ist die grosse Herausforderung. Bereits vor zwanzig Jahren diskutierte Olten erstmals über die Winkelunterführung. Passiert ist da aber nur wenig. Ich finde, da dürfte die Stadt forscher auftreten. Eine gute Stadtteilverbindung gehört zu den Kernaufgaben. Ich habe die Idee vom Posttunnel interessant gefunden. In der Theorie wäre die beste Lösung, den motorisierten Individualverkehr unter den Boden zu verlegen und den Langsamverkehr über dem Boden zu führen. Aber das wäre ein Jahrhundertprojekt, welches die Stadt nicht stemmen könnte.

Womit wir wieder beim Winkel angelangt sind?

Genau, wahrscheinlich sind wir am Punkt, an welchem wir uns eingestehen müssen, dass die Winkel-Lösung am bezahlbarsten und in kurzer Zeit am machbarsten ist. Wenn wir den Ländiweg hübscher hinkriegen und in diesem Raum mehr Leben entsteht, könnte nochmal Bewegung reinkommen.

  • Wie wichtig erachten Sie im Zuge der Digitalisierung den Ausbau der städtischen Infrastruktur in Form eines Glasfasernetzes?

Eine schnelle Internetleitung gehört nach meiner Auffassung zu den Kernaufgaben einer Stadt. Gerade auch die Pandemie hat gezeigt, dass wir alle über eine stabile Internetleitung verfügen müssen. Mit einem flächendeckenden Glasfasernetz wäre das gewährleistet. Ich sehe es nicht mal nur als Aufgabe im Rahmen des Service public, sondern als Chance für die Stadt, mehr Gestaltungs- und Handlungsspielraum zu kriegen, indem sie das Netz über die städtischen Betriebe oder die aen (Aare Energie AG) anbieten würde. In umliegenden Gemeinden gibt es Vorzeigeprojekte.

Müsste die Stadt andere Infrastrukturen bereitstellen?

Die Frage ist jeweils, ob die Stadt die Initiative ergreift oder Privaten das Feld überlässt. Zum Beispiel Trainingsgelegenheiten für Sportvereine gehören für mich zu den städtischen Aufgaben. Im Bereich der Jugendarbeit hat die Stadt mit dem Projekt «Garage 8» ein gutes und wichtiges Angebot. Was dagegen fehlt, sind Freiräume für Jugendkultur. Zur städtischen Infrastrukturstrategie gehört für mich, dass die Stadt nicht alle Gebäude verkauft, sondern sich überlegt, welche alternativen Nutzungsformen möglich sind.

  • Welches Potenzial sehen Sie in dem über die Wintermonate brachliegenden Badi-Areal?

In einem ersten Schritt müsste die Badi in den Wintermonaten für jene öffnen, die zur Aare hin möchten. Mit dem Raum Badi-Schützenmatte-Kirchgasse hätten wir auf nahem Raum zudem die Möglichkeit, auch im Winter Projekte umzusetzen. Dieses Jahr gab es die Idee, ein Winterdorf auf der Kirchgasse zu machen. Solche Dinge wären auch auf einem Badi-Areal möglich. Ein Kernanliegen von mir ist, dass die Stadt in erster Linie dafür hier ist, Dinge zu ermöglichen. Wenn die Stadt sagen würde, ihr könnt diese Fläche im Winter nutzen, bin ich überzeugt, dass jemand mit guten Ideen an die Stadt herantreten würde.


David Plüss, FDP

  • Besonders zu Stosszeiten sind die Strassen der Stadt vollgestopft mit Autos. Wie machen wir die Bahn frei für alternative Mobilität?

David Plüss: Ich frage mich, ob dieser Kampf wirklich so gross ist, wie immer gesagt wird. Ich mag mich an Zeiten erinnern, als man in Olten am Freitagnachmittag gar nicht erst ins Auto sitzen musste. Für mich ist unbestritten, dass die Umfahrung eine starke Entlastung für Olten brachte. Was auf der rechten Stadtseite mit der Baustelle derzeit Probleme macht, ist kein Normalfall. Im ÖV gibt’s aber auch Verbesserungspotenzial. Seit der Bus aus dem Kleinholz nicht mehr durch die Innenstadt fährt, dauert die Fahrt an den Bahnhof mehrere Minuten länger. Daneben wäre es sinnvoll, im Zentrum vernünftige Parkmöglichkeiten zu haben. Das heisst nicht, dass man vor den Laden fahren muss. Aber eine kluge Lösung wäre gut.

Das Parkleitsystem kommt ja.

Ob dies reicht, bezweifle ich.

Sie vermissen ein innenstädtisches Parkhaus?

Ich gehe selten mit dem Auto in die Stadt. Wenn, dann gehe ich lieber in die Schützi als auf den Munzingerplatz. Für viele Menschen wäre ein Parkhaus beim Coop ein Bedürfnis. Kommen die Autos möglichst reibungslos in die Stadt, schafft man auch Platz für die Velofahrer. Ich bin überzeugt, dass es im Verkehrsbereich nicht ein Entweder-oder ist.

  • Wäre eine professionalisierte Koordination des kulturellen Angebots durch die Stadt zur Positionierung von Olten als Kulturstadt förderlich?

Die Oltner Kulturszene funktioniert aus meiner Sicht schon sehr gut, wir haben eine sehr lebendige Szene. Ich mag mich gut an die Gemeinderatsdiskussion erinnern, als es um eine städtische Fachstelle ging. Ich würde eine andere Lösung bevorzugen. Beispielweise ist Region Olten Tourismus auch ein Verein, der durch die Stadt unterstützt wird, aber keine städtische Stelle.

Und wenn es darum ginge, die Positionierung zu fördern?

Bei den Städterankings, die gewisse lieben, andere aber nur zum Kopfschütteln bringen, ist Olten im Kulturbereich sehr gut. Wenn mit einer solchen Stelle ein Mehrwert geschaffen würde, wäre es hingegen eine Diskussion wert. Dies aber wie gesagt sicher nicht als Verwaltungsaufgabe.

Wäre es den Versuch wert, mit den grossen Anlässen auf eine noch grössere Bühne zu kommen, indem Olten mit Nachbarstädten kooperiert?

Auch das wäre wünschenswert. Aber ich weiss nicht, wie viel Bereitschaft besteht, Anlässe aus anderen Städten noch mehr zu pushen.

  • Andere Städte wie Aarau oder Rheinfelden setzen auf sogenannte Citymanagerinnen, die für einen vielfältigen Ladenmix sorgen sollen. Eine Option für Olten?

Wenn es gelingen würde, Mieter und Vermieter zusammenzubringen und aufzuzeigen, wo Potenzial liegt, fände ich dies sinnvoll. Das Problem in Olten ist aber oftmals, dass der Wunsch, wie die Stadt aussehen soll, nicht deckungsgleich ist mit dem Kundenpotenzial, das wir haben. Ich hätte in Olten gerne ein paar Läden für meine Bedürfnisse, befürchte aber, dass diese nicht funktionieren, weil die Kundenfrequenz fehlt.

Von welchen Läden träumen Sie?

Ich koche sehr gerne und wünschte mir einen Laden mit Delikatessen, speziellen Dingen und grosser Auswahl. Im Hammer-Migros hier drüben krieg ich manchmal fast eine Krise (lacht), wenn ich gewisse Produkte suche. Aber man kann’s ihnen nicht verübeln – sie führen halt im Laden, was auch verkauft wird.


Raphael Schär-Sommer, Grüne

  • Um das Velofahrverbot im Winkel aufheben zu können, müsste die Stadt die Unterführung kaufen. Was halten Sie von dieser Möglichkeit?

Raphael Schär-Sommer: Ich unterstütze sie. Meine Fraktionskollegin Myriam (Frey Schär, Anm. d. Red.) hat einen Auftrag eingereicht, der verlangt, dass die Stadt Verhandlungsgespräche aufnimmt. Entweder kommt es zu einem Kaufangebot, oder die Stadt kann einen Enteignungsprozess in die Gänge leiten. Enteignen tönt immer so, als bekäme der Besitzer nichts. Aber in diesem Verfahren wird entschieden, welchen Wert die Unterführung hat. Der Besitzer kriegt dann die entsprechende Summe – ein Prozess, der zum Beispiel bei Bahnprojekten vorkommt. Wir dürfen nicht vergessen: Es geht nur um einen Teil der Winkelunterführung, welcher noch zu kaufen ist – um jenen unter dem Hotel Olten.

  • Wo sehen Sie in der Stadt potenzielle Freiräume, die sich fürs Feiern eignen, ohne dass Lärmklagen drohen?

Ich sehe in der Innenstadt viele Freiräume fürs Feiern, die Lärmemissionen sind jedoch ein Thema. Der Konflikt ist aber dann widersprüchlich, wenn die Lärmquelle da war, bevor die Personen hinzogen. Etwa wenn Innenstädte hip und attraktiv werden, Menschen zuziehen und sich dann beklagen, dass in der Stadt viel läuft. Als wir an die Baslerstrasse zogen, war uns klar, dass es da auch mal lärmig sein kann. Abendevents sollten in einer Innenstadt stattfinden können, das macht die Stadt auch attraktiver. Bei Konflikten muss man immer individuell Lösungen finden – zum Beispiel über die Dauer der Veranstaltung und bauliche Massnahmen zur Lärmverminderung. Sonst müssten wir sagen: Wir verlegen das Feiern in die Industrie, da stört man niemanden. Aber ist dies attraktiv? Formate wie die Citylounge gehören für mich klar ins Zentrum.

  • Was ist los mit Rot-Grün in Olten? Der Stadtrat stützte trotz rot-grüner Mehrheit nicht immer eindeutig linke Anliegen, so die öffentliche Wahrnehmung.

Der Stadtrat war auch nicht immer gleicher Meinung wie das rot-grüne Parlament.

Im Parlament herrscht aber eine Patt-Situation.

Ja, aber links-grün-progressive Anliegen hatten es in den letzten vier Jahren einfacher als vorher. Zurück zu Rot-Grün: Im Laufe der Legislatur hat sich die Situation ein wenig verbessert. Teilweise fehlte dem Stadtrat der Mut. Vielleicht weil das Parlament bis 2017 Mitte-rechts geprägt war. Das hat sich vor vier Jahren verändert. In der einen oder anderen Antwort des Stadtrats hat man dies gespürt. Zum Beispiel, dass er jetzt das Label «Energiestadt Gold» gutheisst (strengere Vorgaben für den Energiehaushalt der Stadt, Anm. der Red.). Wir sind als Parlamentarier noch immer nicht durchgehend einverstanden mit dem Stadtrat. Aber das liegt auch an der unterschiedlichen Auffassung zwischen Legislative und Exekutive.


Thomas Rauch, parteilos

  • Wie könnte eine verstärkte Kooperation im kulturellen Bereich mit den Nachbarstädten zwischen Solothurn und Aarau aussehen?

Thomas Rauch: In erster Linie müssten sich die Städte absprechen und den jeweiligen Fokus sowie die Stärken herausfiltern. Die Schweizer Kultur, insbesondere die lokale, ist oft eine Kopie der Nachbarschaft und differenziert sich nicht. Mit definiertem Fokus liessen sich Verdoppelungen eliminieren und neue Akzente setzen.

Fänden Sie dies sinnvoll?

Ja, aber nicht nur mit den Nachbarstädten. Auch die Gemeinden müsste man besser einbinden, damit Olten seine Zentrumsfunktion stärker wahrnehmen kann.

Wieso glauben Sie, spannten die Gemeinden bislang nicht stärker zusammen?

Das ist ein Fehler der Vergangenheit. Man hat sich immer auf Olten fokussiert und nie rausgeschaut und sich nicht abgesprochen. Über die Kantonsgrenzen hinweg schon gar nicht.

Aber das Gartendenken ist bei vielen Städten verankert.

Auf Dauer geht dies nicht mehr, weil es zu teuer wird. Die nach innen gerichtete lokale Kultur erfordert eine Neudefinition. Mit der Generation EasyJet wurde das Guggenheim-Museum in Bilbao und die Tate Gallery in London zum 150-Stutz-Erlebnis. Für die City-Hoppers war Kultur vor Corona keine Kaufkraftfrage mehr, sondern durch Interesse und Inhalte gesteuert.

Das neue Kunstmuseum wird mit einem Architekturwettbewerb lanciert. Wie ist Ihre Haltung zu diesem Projekt?

Wir können nicht über Jahre hinweg immer wieder eine neue Kunstmuseums-Debatte führen. Zuerst müssen wir Einigkeit darüber erzielen, was im Kunstmuseum in Zukunft passieren soll, wie eine nachhaltige Finanzierung dafür aussieht, die auch mehrheitsfähig ist, und wo dazu schlussendlich der ideale Standort vorliegt. Eng mit der Museumsfrage verknüpft ist auch die Liegenschaftsstrategie der Stadt Olten in der Innenstadt. Es braucht dringend eine Gesamtsicht dazu und nicht Debatten über Einzelteile.

  • Neben anderen Städten hat Winterthur kürzlich beschlossen, vier autofreie Sonntag im Jahr einzuführen. Wie stehen Sie zu dieser Idee?

Die Idee, dass sich Menschen mit anderen Mobilitätsformen auseinandersetzen sollen, ist interessant, jedoch lokal wenig sinnvoll und mehr Symbolik. In Olten erreiche ich ohnehin jeden Punkt mit dem Velo innert kürzester Zeit und meist schneller als mit dem Auto. Zudem ziehen sich durch Olten diverse Kantonsstrassen. Ich fände es viel zielführender, wenn wir auf den Hauptachsen endlich durchgehende und sichere Veloverbindungen markieren würden, statt Strassen komplett zu sperren.

Es kann sein, dass Sie es schön finden, weil Ihre Kinder sonntags über die Bahnhofsbrücke skaten können.

Ich finde solche Übungen im Cityverbund eher schwierig. Ich bin ein grosser Befürworter von SlowUps, wie es zum Beispiel für den Albula-Pass gemacht wird. Das ist keine wichtige Verkehrsachse und niemand wird dadurch behindert. In einer Stadt wie Olten wird so aber der Bahnhof blockiert. CO2-Politik sollte man eher dort machen, wo es massiv einschenkt.

Eine Minderheit begibt sich mit dem Auto an den Bahnhof. Und wir reden von vier Sonntagen pro Jahr.

Wegen der Zentrumsfunktion von Olten ist ein solches Vorhaben für mich dennoch nicht auf der Prioritätenliste. Manche wollen in Citys wie Zürich und Basel eine Lebensqualität einführen, die einem Dorf im Entlebuch entspricht. Irgendwann müssen wir akzeptieren, dass Olten eine Stadt mit einer wichtigen Zentrumsfunktion ist und kein Bergdorf.

  • Was halten Sie von strengeren Vorgaben beim Heizen und von der Förderung von Photovoltaikanlagen?

Die Menschen müssen meiner Meinung nach selbst die Initiative ergreifen und bei Haussanierungen auf erneuerbare Energie wechseln wollen, wenn dies Sinn macht. Oft führt der Einsatz einer neuen Heizanlage bereits zu einer markanten Verbesserung. Die Liegenschaftsbesitzer setzen bei Sanierungen zudem von sich aus auf effiziente Technologien. Dazu braucht es keine Verbote. Die grösste Hürde liegt eher in der Finanzierung. Die Baudirektion sollte die Liegenschaftsbesitzer vielmehr unterstützen, wenn sie ihre Heizung ersetzen oder Dächer isolieren möchten und die Umbauprojekte nicht mit Formalismen verzögern und unnötig verteuern. Je nach Objekt fallen dabei rasch mehrere 10’000 Franken ohne konkreten Nutzen an. Zudem: Die Stadt Olten, welche die Klimaziele verabschiedete, ist zugleich Hauptaktionärin der Aare Energie AG (sie führt die städtischen Betriebe operativ, Anm. der Red.), die latent Wärmeverbünde bekämpft und Gas als Heizenergie bewirbt. Für mich ein Widerspruch.


Marion Rauber, SP

  • Wie kann die Stadt zwischen den unterschiedlichen Bedürfnissen der Anwohner und Kulturveranstalterinnen vermitteln?

Marion Rauber: In einer Stadt zusammenleben heisst für mich, viel Toleranz aufzubringen. Das erwarte ich von beiden Seiten. Anwohnerinnen in der Kernzone müssen damit leben, dass vielleicht um 22 Uhr noch nicht Ruhe ist. Ich erwarte aber auch eine gewisse Rücksichtnahme von Veranstaltern. Aber ich finde das Zusammenspiel funktioniert recht gut in Olten. Wenn die Menschen zusammen an den Tisch sitzen und Probleme ausdiskutieren, dann finden sie Lösungen.

  • Soll die Stadt sich auf grössere Projekte fokussieren und Leuchtturmprojekte definieren?

Wir müssen die grossen Würfe priorisieren. Aber auch die kleinen Dinge dürfen dabei nicht vergessen gehen. Wichtig ist für mich vor allem, dass wir eine hohe Flughöhe haben, um den Überblick zu behalten. Das machen wir eigentlich mit dem Finanz- und Investitionsplan.

Parlamentarierinnen monieren, der Stadtrat nehme zu viele Projekte im Finanzplan auf, die dann wieder versanden.

Ich finde es ehrlicher, dies transparent zu machen. Ein anderer Vorwurf ist, dass wir zu wenig konkret operieren, was die Kosten betrifft. Aber es ist nun mal so, dass sich diese vom Projektkredit bis zur Realisierung stark verändern können. Das ist nicht immer nur glücklich.

Ein Beispiel ist das Bühnenhaus, das parallel zu den Grossprojekten Bahnhofplatz und Schulhaus saniert werden soll. Können wir uns dies leisten?

Da liegt es an uns, eine Entscheidung zu treffen. Wollen wir ein Stadttheater haben, wollen wir eine Kunsteisbahn? Wenn wir Ja sagen, müssen wir auch in den Werterhalt investieren. Aber ich finde die Diskussion dazu wichtig.

Führt der Stadtrat sie genügend?

Diskussionen kann man nie genug führen, aber es ist nicht alleine in unserer Kompetenz, diese Entscheide zu fällen. Wir lassen bei Grossprojekten das Parlament beziehungsweise das Volk mitbestimmen. Es wäre vermessen, wenn wir fünf darüber im Alleingang befinden würden.

  • Mit der Unternehmenssteuerreform (STAF) entgehen den Gemeinden – und auch der Stadt Olten – grosse Steuereinnahmen. Es gibt weitere Vorstösse («Jetzt si mir draa»), die den Finanzhaushalt der öffentlichen Hand weiter beschränken würden. Wie kommt Olten künftig zu seinem Geld?

Mir wäre es am liebsten, wir kämen durch Zuzügerinnen zu Mehreinnahmen. Also nicht durch höhere Steuern oder über den Leistungsabbau. Ich möchte Olten gerne so attraktiv haben, dass die Steuereinnahmen von selbst ansteigen, weil Unternehmen wie auch Private hierhin ziehen.

Und wie bringen wir dies hin?

Ich finde, die Wohnstadt Olten wird noch zu wenig vermarktet. Unsere Stadt ist sehr attraktiv für Familien, weil wir gute Angebote haben und schöne Quartiere. Mit den Pendlerströmen haben wir einen Trumpf in der Hand. Leute, die Olten aus verkehrstechnischen Gründen wählen, sind vielmals positiv überrascht und viele bleiben dann für immer.


Rolf Sommer, parteilos

  • Olten rechnet in seinem Budget 2021 mit einem Minus von vier Millionen Franken. Ist eine Steuererhöhung angezeigt?

Rolf Sommer: Wir müssen ohne Steuererhöhungen durchkommen. Es gibt nur sparen, sparen, sparen. Die Leute haben kein Geld mehr.

Aber die Steuern treffen proportional die reicheren Menschen stärker.

Das ist eine fertige Illusion. Wer kein Geld hat, zahlt fürs Brot auch zwei Franken. Wenn ich sehe, wie das Geld in den letzten dreissig Jahren verjubelt wurde, kommen mir Tränen.

Die Steuersituation wird durch die Unternehmenssteuerreform verschärft.

Die Zeiten «Mami-Papi-gisch-mir-Geld-für-i-Usgang» sind vorbei. Jetzt müssen wir knallhart sparen. Der Kanton schickt mir jedes Jahr den Voranschlag (Sommer ist SVP-Kantonsrat, Anm. der Red.). Das ist ein dickes Buch. Wie ich mich erkundigte, kostet ein Exemplar 20 Franken. Niemand liest das noch. Da habe ich beim Kanton angerufen und gefragt, ob wir das Buch nicht einstellen könnten. «Ja wegen diesen 2000 Franken», sagte man mir. Wenn wir bei 2000 Franken nicht sparen lernen, müssen wir aufhören. Ich bin ein knallharter Kassier, da können Sie meine Kolleginnen fragen.

Sie würden überall den Rotstift ansetzen.

Ja. Wir haben für fast 100 Millionen Franken Investitionen offen. Schon zu Zeiten der Alpiq-Gelder sagte ich, wir würden das Geld besser zur Seite legen. Oder auch die Verwaltungsratshonorare der städtischen Betriebe (sbo) und der Aare Energie AG (aen) sind eine Katastrophe. Das ist Korruption par excellence.

  • Der Ruf nach einer Notschlafstelle für Obdachlose wurde in den letzten Jahren immer wieder laut. Wie stehen Sie dazu?

Wir haben bereits ein Sozialzentrum an der Aarburgerstrasse. Ich habe keine Ahnung, was dort drin alles abgeht und wie die Situation tatsächlich ist. Wenn wir aber eine Notschlafstelle schaffen, haben wir alle diese Menschen hier in der Stadt.

Auch sie müssen ihren Platz haben.

Die Frage ist: Wollen sie arbeiten oder nicht? Einfach vom Vater Staat leben und sagen, er muss für mich schauen, ist keine Option. Wenn die Eigeninitiative, etwas zu verdienen, fehlt, habe ich Mühe. Ich musste auch ein Leben lang «chrampfen». An vielen Orten wird’s den Menschen sehr einfach gemacht.

Die Notschlafstelle wäre auch eine Anlaufstelle, um die Menschen auf den richtigen Weg zu bringen.

Wir haben bereits viele Sozialinstitutionen hier in Olten. Sie müssen schauen, wie sie die Menschen betreuen können.

  • Wie kommt die Stadt von diesem negativen Diskurs weg, der die Entwicklungen zu hemmen scheint?

Was ist neu in der Stadt Olten? Der letzte Neubau, den die Stadt erstellt hat, ist die 1982 erbaute Stadthalle. Die Stadt hat die Eigentümerstrategie verpasst. Mit der Badi hätte man etwas Schönes machen können, stellte sie dann aber unter Ortsbildschutz. Wir haben eine Altstadtkommission, die keine Ahnung hat und die Stadt Olten gehemmt hat. Vor Jahrzehnten sagte ich schon, ein Parkleitsystem sollte man machen. Aber die Stadt Olten war nicht fähig.

Jetzt machen Sie, was die Frage oben impliziert, nämlich negativ diskutieren. Aber wie kommen wir auf den positiven Weg?

Wissen Sie, wenn man einmal einen schlechten Ruf hat, bringt man ihn fast nicht mehr los. Der Schützimattparkplatz hätte man längst mal machen müssen, damit er keine Glunggen mehr hat. Der Eingang in die Stadt muss bequem sein. Da erstaunt es nicht, dass die Geschäfte überall leer sind. Was wollen sie dort reintun? Sie können nicht eine Beiz an der anderen haben.


Stell hier deine offenen Fragen an die Stadtratskandidierenden:

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